Öffentliche Wirtschaftslehre

IKW-Schriftenreihe Nr. 120 – Linz, 2011

Die Wirtschaftswissenschaften befassen sich in erster Linie mit der Privatwirtschaft, den Phänomenen der Globalisierung, der Privatisierung, neuerdings auch mit den negativen Auswirkungen der Finanzkrise und sind jedoch nach wie vor von der Hauptströmung  des neoliberalen Gedankenguts beeinflusst. Im Mittelpunkt der ökonomischen Betrachtungen steht aus diesem Grund nicht so sehr die öffentliche Wirtschaft und die Staatsverwaltung. Diese wird eher zurückgedrängt, wegen Ineffizienzen kritisiert und mit Empfehlungen „versorgt“, die privaten, mehr oder weniger bewährten Managementmethoden entnommen sind und unreflektiert unter den Schlagwörtern „New Public Management“ (inzwischen schon wieder als „dead“ bezeichnet), neuerdings „Wirkungsorientierung“, propagiert und zur Anwendung empfohlen werden. Im öffentlichen Dienst dominiert nach wie vor die juristische Betrach-tungsweise, die wegen der permanent anwachsenden Gesetzes- und Vorschriftenflut zu lähmenden Formalismen und schwerfälligem Gesetzesvollzug führt, welche die Verwaltung überfordert und ein effizientes Management behindert.

Vielfach wird dabei übersehen, dass die öffentliche Wirtschaft und Verwaltung ganz andere, arteigene Zielsetzungen zu verfolgen hat, in vielen Bereichen nicht markt- und wettbewerbsorientiert handeln kann und daher kein erwerbswirtschaftliches Unternehmen ist, das dem Einzelinteresse verpflichtet ist und das Gewinnziel anstrebt,  sondern eben der Allgemeinheit, den Bürgern und „Kunden“ dienen soll, Gemeinwohlverpflichtungen hat und kraft politischen Auftrags subsidiär tätig sein muss.

Der vorliegende Band hat sich zum Ziel gesetzt, die Akzente der Betrachtungsweise anders zu setzen und sich auf den öffentlichen, insbesondere den kommunalen Bereich zu konzentrieren. Wegen der langjährigen Praxis im öffentlichen Dienst, aber auch wegen der einschlägigen Forschung und Lehre auf diesem Fachgebiet, hat der Autor aus seiner Sicht Schwerpunkte gesetzt und Bereiche behandelt, die seiner Meinung nach von besonderer Relevanz für das öffentliche Management sind und den besonderen Unterschied zur Privatwirtschaft ausmachen. Selbstverständlich konnten bei der Breite des Ansatzes und der Fachgebiete nur einige, wichtig erscheinende Schwerpunkte behandelt werden. Wegen der vielfältigen Wissenschaftsgebiete, wie Betriebs- und Volkswirtschaft, Rechnungswesen, Finanzwissenschaft, Politik- und Rechtswissenschaft, kann auch kein Anspruch auf besondere Tiefe und Breite der Behandlung gestellt werden und wäre es auch vermessen gewesen, dieser Vorgabe entsprechen zu wollen.

Der vorliegende Band trägt den Titel „Öffentliche Wirtschaftslehre“ und ist daher weder ein betriebswirtschaftliches, noch ein volkswirtschaftliches, noch ein finanzwissenschaftliches und auch kein rechtswissenschaftliches Fachbuch, sondern nach einer guten österreichischen Tradition ein kurz gefasstes, praxisbezogenes und verständliches Kompendium aus den diversen Wissenschaften, das an die umfassend angelegten Kameralwissenschaften im Sinne von Justi und Sonnenfels anknüpft und an Aktualität nichts verloren hat.

Der Ausgangspunkt des Bandes „Öffentliche Verwaltungslehre - Grundlagen des Verwaltungsmanagements und öffentlichen Rechnungswesens“ ist philosophischer Natur und befasst sicht mit den Sinnfrage des Seins und der Wirtschaft und den ethischen Grundlagen, nämlich der Wohlfahrt („Eudämonie“), dem Streben nach sozialer Nutzenstiftung und mit dem ökonomischen Prinzip als System prägenden Grundsatz mit ethischem Hintergrund. Die Wirtschaft ist letztlich eine geisteswissenschaftliche Disziplin für und mit den Menschen.

Die Ziele der Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit müssen mit den Zielen des Haushaltsausgleichs und der Wirtschaftlichkeit zum Ausgleich gebracht werden. Das „Machtdreieck“ Demokratie, Staat und Markt muss ausgewogen gestaltet werden. Das erwirtschaftete Bruttoinlandsprodukt ist gerecht zu verteilen und in einem harmonischen Verhältnis sowohl privat als auch öffentlich zu verwenden. Das BIP ist entweder zu sparen und zu investieren oder zu konsumieren. Der öffentlichen Wirtschaft kommt eine ausgleichende Funktion zu, wenn auf privater Ebene zu wenig investiert oder konsumiert wird.

Zwischen Privat und Staat ist eine optimale Mischung zu finden. Bei Marktversagen hat der Staat einzugreifen, für Verteilungsgerechtigkeit zu sorgen und Struktur-, Sozial-, Bildungs-, Gesundheits- und Beschäftigungspolitik zu betreiben und öffentliche sowie meritorische Güter anzubieten.

Eine gerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen fördert die Wohlfahrt, den sozialen Zusammenhalt, die Bildung und die Gesundheit. Besondere Bedeutung kommt der Infrastruktur und der Daseinsvorsorge als Voraussetzung effizienten Wirtschaftens zu.

Das Prinzip des finanziellen Haushaltsausgleichs und der Leistung von Ausgaben und Gegenleistung durch Einnahmen ist bei der Budgetierung zu beachten. Steuerflucht und Steuerhinterziehung sind kontraproduktiv und belasten letztlich die Allgemeinheit zugunsten Einzelner.

Eine noch nie da gewesene Privatisierungswelle führte zur Aushöhlung des Staates zu Gunsten von Privatpersonen, zu Defiziterhöhungen und enormer Staatsverschuldung. Der drückenden öffentlichen Armut steht zunehmender privater Reichtum gegenüber, der allerdings keineswegs bereit ist, adäquate Steuer- und Abgabenleistungen zu erbringen. Sehr wohl besteht die Bereitschaft Kredite mit öffentlicher Garantie zu gewähren, um Zinsen zu lukrieren und den Reichtum möglichst steuerfrei zu mehren.

Unter dem Deckmantel der Transparenz wurde mit Eifer die doppelte Buchhaltung propagiert und das öffentliche Rechnungswesen der Kameralistik denunziert, um „Rosinen picken“ zu können. Trügerische Indikatoren des IAS und IFRS verstärkten die Krise der Finanzwirtschaft, die inzwischen wieder Zuflucht zum so verpönten Staat nimmt, weshalb sogar von einer Renaissance des Staates und Re-Kommunalisierungstendenzen gesprochen wird.

Wegen der besonderen Bedeutung der öffentlichen Ziele müssen diese konkretisiert und operationalisiert werden, wobei den öffentlichen Interessen der Vorrang gegenüber Individualinteressen einzuräumen ist und die Modalitäten des öffentlichen Dienstes als arteigene Kategorie zu definieren und einzuhalten sind.

In weiterer Folge wird im Buch auf die ökonomischen Handlungskriterien eingegangen, nämlich Haushaltsausgleich als kameraler Erfolgsbegriff, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Im öffentlichen Bereich entstehen wegen der mehrdimensionalen Zielsetzungen auch Zielkonflikte, die zu lösen sind. Konfliktträchtig sind verschiedene Formen der Privatisierung, PPP-Modelle, die unter dem Schlagwort „Gewährleisten statt Leisten“ laufen und die letztlich auf die Entscheidung zwischen Eigenleistung und Fremdvergabe hinauslaufen. Die Verantwortung und Aufsichtspflicht bleibt letztlich bei der öffentlichen Verwaltung, die das öffentliche Interesse zu wahren hat.

Anschließend wird das der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung stehende, ökonomische Instrumentarium vorgestellt, das von der Budgetierung ausgeht. Die Globalbudgetierung eröffnet im Vergleich zum herkömmlichen Budget mehr Handlungsspielraum. Weitere unverzichtbare Instrumente sind die mittelfristige Finanzplanung, die aus der Haushaltsrechnung abgeleitete Kosten- und Leistungsrechnung sowie die Budget- und Folgekostenrechnung. Des Weiteren wird auf die statische und dynamische Investitionsrechnung, die projekt- oder periodenbezogene soziale Erfolgsbeurteilung und schließlich auf die öffentliche Preis- und Gebührenpolitik eingegangen.

Ein eigenes Kapitel wird dem öffentlichem Rechnungswesen gewidmet. Bezüglich des Rechnungsstils wird die Grundsatzaussage getroffen, dass der Rechnungsstil nur Mittelcharakter hat und dem Rechnungsziel unterzuordnen ist. Die Doppik ist jedenfalls der erwerbswirtschaftliche Rechnungsstil für Kaufleute, die Kameralistik  der finanzwirtschaftliche Stil der öffentlichen Verwaltung. Benötigt wird ein mehrdimensionales Rechnungswesen mit finanz-, betriebs-, volks- und sozialwirtschaftlichen Elementen, wobei der finanziellen und gesamtwirtschaftlichen Sichtweise der Vorrang einzuräumen und eine Transformation zu privaten Zielen der Rentabilität („Sinnverdünnung“) zu vermeiden ist.

Wegen ihrer besonderen Bedeutung für die öffentliche Verwaltung und ihre Finanzierung wird die Kameralistik mit ihren Entwicklungsstufen, den Unterschieden zur Doppik, den Verrechnungsvorgängen und der Abschlusstechnik beschrieben und wird ferner auf die Vermögensrechnung und auf mehrdimensionale Rechnungssysteme eingegangen.

Die Darstellung des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens nach der Rechtslage in Österreich mit seiner Gliederung, dem Budgetkreislauf vom Voranschlag bis zum Rechnungsabschluss und mit den aktuellen Reformbestrebungen rundet das Bild ab.

Das Schlusskapitel ist der öffentlichen Finanzkontrolle als notwendiges Konkurrenzsurrogat mit ihrer wichtigen staatspolitischen Funktion als unabhängiges Organ der politischen Entscheidungsinstanzen und Hüterin von Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des öffentlichen Sektors gewidmet.

Der Autor hofft, brauchbare aus der Praxis kommende Grundlagen und Denkanstöße  zur permanenten Verbesserung der Effektivität und Effizienz der öffentlichen Wirtschaft und Verwaltung unterbreitet zu haben.

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