Band 134 - 50 Jahre IKW Institut für Kommunalwissenschaften
Zusammenfassung für den „eiligen Leser“
Friedrich Klug, Herausgeber
Rainer Bartel: Das Institut für Volkswirtschaftslehre der JKU: eine Retrospektive
Der Doyen der Volkswirtschaftslehre und Ehrenmitglied des IKW Kurt W. Rothschild prägte von Anfang an den praxisbezogenen, sozial verantwortungsvollen Ansatz und die wirtschaftswissenschaftliche Diversität des Instituts für VWL. Die Professoren der „ersten Stunde“, nämlich Karlheinz Kleps und Helmut Schuster wurden in ihrer Eigenschaft als „politische Ökonomen“ durch Kazimierz Lasky und Michael Landesmann als quantitative Wirtschaftsforscher ergänzt.
Professoren, wie Friedrich Schneider, Johann K. Brunner und Ewald Nowotny lieferten vielbeachtete Beiträge auf dem Gebiet der angewandten Mikroökonomie und der ökonometrischen Methoden. Aktuelle Stellungnahmen zu Fragen des öffentlichen Sektors, der Privatisierung, der Steuersysteme, des Finanzausgleichs und der Schattenwirtschaft wurden von Politik, Verwaltung und auch von den Medien in der breiten Öffentlichkeit aufmerksam verfolgt und diskutiert.
Exzellenzschwerpunkte, wie Arbeitslosigkeit, Entwicklung des Sozialstaates, Gesundheitsökonomie und Pflege werden im Rahmen des Christian Doppler Labors für Alterung, Gesundheit und Arbeitsmarkt behandelt. Forscher, wie Rudolf Winter-Ebner, Gerald J. Pruckner, Martin Halla und Christine Zulehner, setzen in neuester Zeit die von Rothschild begonnene Tradition erfolgreich fort. Ein ausgezeichnetes internationales Ranking beweist den sehr guten Ruf der an der JKU lehrenden Volkswirte.
Mit dem IKW besteht eine personelle und inhaltliche Verbundenheit mit den Zielen und den inzwischen 134 Publikationen in der Schriftenreihe „Kommunale Forschung in Österreich“ seit der Gründung der Linzer Universität.
Bruno Binder: Die eigenverantwortlichen Aufgaben der Magistrate in der Privatwirtschaftsverwaltung der Oberösterreichischen Statutarstädte
Dieser Beitrag klärt, welche Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung im Rahmen des „Inneren Dienstes (ID)“ ohne Mitwirkung der politischen Organe wahrzunehmen sind. Grundsätzlich entscheiden die politischen Organe und besorgt der Magistrat die Aufgaben. Grundsätzlich ist der Stadtsenat allzuständig, außer in den taxativ im Gesetz aufgezählten Zuständigkeiten des Gemeinderates, Bürgermeisters oder Magistrates. Im Inneren Dienst (ID), vor allem zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft, entscheidet der Magistrat aus eigener Initiative. Der Bürgermeister ist Vorstand des Magistrates und richtet die Organisation des Magistrates ein (Geschäftsordnung und Geschäftseinteilung), weist den Dienststellen das Personal zu, vertritt die Stadt nach außen und bindet diese privatrechtlich. Allerdings ist er an die hoheitsrechtliche Willensbildung der zuständigen Organe gebunden. Bei der Besorgung des Inneren Dienstes sind u.a. auch die Haushaltsvorschriften und Verordnungen zu beachten. Ohne deren hoheitsrechtliche Deckung darf kein Gemeindeorgan, auch nicht der Magistrat, öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verbindlichkeiten eingehen und Finanzgeschäfte tätigen.
Hans Dolinar: Die Zukunft der Universität Linz
Der Beitrag beschreibt die Internationalisierung der Fakultäten der JKU seit ihrer Gründung. Von Anfang an hat sich die TNF am besten entwickelt und Forscher von internationalem Niveau hervorgebracht, insbesondere deswegen, weil auf diesem Gebiet die weltweite Orientierung unabdingbar ist.
Das Institut für Symbolic Computation von Professor Bruno Buchberger hat Weltgeltung erlangt und beruhte auf hervorragender Kompetenz. Der Schwerpunkt TNF wurde an der JKU bis in die Gegenwart gefördert und vorangetrieben. Hinzugekommen ist inzwischen auch die neu geschaffene medizinische Fakultät, der auch die Ressourcen und Kompetenz der anderen Fakultäten, insbesondere der TNF, zugutekommen und die Internationalisierung voranzutreiben vermögen.
Einer Initiative von Professor Gerhard Reber ist es zu verdanken, dass an der SOWI-Fakultät internationale MBA-Studien angeboten wurden. Die neuesten Entwicklungen gehen in die gewünschte Richtung: Eine JKU Business School und die Rothschild School of Economics and Statistics sollen im Herbst 2019 gegründet werden.
Auch auf dem Gebiet der Rechtswissenschaften sollte die Internationalisierung gepflegt und Legal English angeboten werden.
Erich Haider: Gemeinwirtschaft und Wettbewerb
Die Daseinsvorsorge durch die Kommunalwirtschaft steht im Rahmen der EU in einem wettbewerblichen Kontext. Zwei Probleme sind dabei zu lösen: Das Produktions- und das Verteilungsproblem, da ansonsten unsere Hochkultur gefährdet wäre. Unabdingbare Voraussetzung für eine effiziente Produktion ist jedenfalls eine leistungsfähige Infrastruktur.
Die EU tanzt um das „goldene Kalb“ des Wettbewerbs am Markt, was nur bei kurzfristigen Strukturen funktioniert, deren produzierte Werte in Geldeinheiten gemessen werden können. Diese Bedingungen gelten nicht für die langlebige Daseinsvorsorge, deren Prozesse nur durch Benchmarking und Planung optimiert werden können.
Oberstes Ziel ist nicht der Wettbewerb, sondern das Allgemeinwohl und der induzierte soziale Nutzen. Privatisierungen dienen der kurzfristigen Gewinnerzielung und sind egoistisch motiviert.
Beide Formen der Wirtschaft: Privat- und Gemeinwirtschaft müssen von der EU und damit auch in Österreich als gleichwertig anerkannt werden.
Johannes Hengstschläger: Entwicklung des öffentlichen Rechts an der JKU
Seit Gründung der Linzer Hochschule kommt dem öffentlichen Recht eine besondere Bedeutung zu. Universitätsprofessor Ludwig Fröhler wurde zum Gründungsrektor gewählt, der vor 50 Jahren auch das IKW an der JKU etablierte. Die zwölf Gründungsprofessoren waren Ludwig Fröhler, Rudolf Strasser, Erich Bodzenta, Josef Kolbinger, Adolf Adam, Wolfgang Bauerreis, Hajo Riese, Kurt Scharmann, Friedrich Fürstenberg, Ernest Kulhavy, Kurt Rothschild und Jakobus Wössner.
1979 wurde die Linzer Hochschule zur Johannes Kepler Universität (JKU) ernannt und eine eigene Fakultät für Rechtswissenschaften eingerichtet. Von besonderer Bedeutung für das öffentliche Recht in seiner ganzen Breite inklusive Rechtsphilosophie war die Berufung von Professor Herbert Schambeck, der über eine reichhaltige politische Erfahrung verfügte. Professor Peter Oberndorfer legte mit seiner Habilitationsschrift „Gemeinderecht und Gemeindewirklichkeit“ die Grundlagen für die Kommunalwissenschaften, die in der IKW-Schriftenreihe im Jahr 1971 veröffentlicht wurden. Professor Johannes Hengstschläger wurde 1980 Vorstand des Institutes für Staatsrecht und politische Wissenschaften und wurde von 1990 bis 1996 zum Rektor der JKU gewählt.
In weiterer Folge wurde eine Reihe von Persönlichkeiten habilitiert und an das Institut für öffentliches Recht berufen, die unter anderem auch als Richter und Präsidenten des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes wirken. Derzeit setzen die Professorinnen und Professoren Andreas Hauer, Andreas Janko, Barbara Leitl-Staudinger, Gudrun Trauner, David Leeb, Katharina Pabel und Michael Mayrhofer die erfolgreiche und bewährte Tradition fort und unterstreichen damit den Stellenwert und die Reputation des öffentlichen Rechts an der JKU.
Friedrich Mayrhofer und Friedrich Klug: Das Institut für Kommunalwissenschaften
Das Jahr 1969 bedeutete auf dem Gebiet der Kommunalwissenschaften einen „Aufbruch in neue Zeiten“. Der Spiritus rector war im Jahr 1965 Professor Ludwig Fröhler, der erste Rektor der Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Linz. Im Jahr 1969, vor 50 Jahren, wurde das IKW auf Wunsch des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz, aber auch das KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung und das Institut für Stadtforschung, beide in Wien gegründet - ein wahres „Jubel- und Gründerjahr“ auf kommunalwissenschaftlichem Gebiet.
Die konstituierende Sitzung des IKW fand am 29.4.1969 statt und wies im Protokoll den Zusatz „an der Hochschule für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften“ auf. Zu den Gründungsmitgliedern zählten neben der Stadt Linz die Linzer Hochschule, die Arbeiterkammer OÖ und die Zentralsparkasse. Von Anbeginn bis ins Jubiläumsjahr 2019 befasst sich das IKW mit aktuellen kommunalpolitischen Fragen, wie Gemeindeaufgaben, Finanzierung, Haushalts- und Rechnungswesen, Finanzausgleich, Gemeindestrukturen und Umweltschutz.
In der Sitzung des Stadtsenates vom 24.6.1996 wurde Friedrich Klug mit der geschäftsmäßigen und wissenschaftlichen Weiterführung der kommunalen Forschung und der IKW-Schriftenreihe betraut. Die Räumlichkeiten in Linz, Pfarrgasse 14, hat der Institutsleiter dem IKW geschenkt. Eine Zweigstelle befindet sich in Wiener Neustadt, Reyergasse 5, in den Räumen des Partnerinstitutes URBAN FORUM, Egon Matzner - Institut für Stadtforschung. Beide Vereine sind außerordentliche Mitglieder des Österreichischen Städtebundes und ergänzen sich in sinnvoller Weise.
Bernhard Müller: 50 Jahre IKW – 50 Jahre Kommunalwissenschaften
Paul Lazarsfeld und Oskar Morgenstern haben das Institut für Höhere Studien - IHS als Vorbote sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Forschung gegründet. Im Jahr 1969 folgte eine Gründungswelle durch Etablierung des IKW in Linz, des KDZ -Kommunalwissenschaftliches Dokumentationszentrum, später: Zentrum für Verwaltungsforschung und des Instituts für Stadtforschung, beide in Wien. Im Jahr 2013 folgte das URBAN FORUM - Egon Matzner Institut für Stadtforschung in enger Zusammenarbeit mit dem IKW, um ein vertieftes und erweitertes Bewusstsein für Anliegen der Städte und für notwendige Strukturreformen zu schaffen.
Pioniere der Kommunalwissenschaften sind Helfried Bauer, Georg Conditt, Ludwig Fröhler, Friedrich Klug, Egon Matzner, Otto Schweda, deren Kurzbiografien dem vorliegenden IKW-Band zu entnehmen sind. Wichtige Partnerinstitutionen für URBAN FORUM und IKW sind der Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft (VÖWG) und der Österreichische Städtebund. Die enge Verbundenheit kommt darin zum Ausdruck, dass in den Schriftenreihen und Zeitschriften des KDZ, IKW und URBAN FORUM Artikel und Beiträge von Autoren dieser Institute erscheinen. Die personellen und publizistischen Verflechtungen führen zum gegenseitigen Gedankenaustausch und zur sinnvollen Ergänzung durch Schwerpunktsetzung. URBAN FORUM zeichnet sich durch einen starken Veranstaltungsschwerpunkt mittels groß angelegter Projektreihen aus, das IKW widmet sich der Aus- und Weiterbildung im Rahmen der Schriftenreihe „Kommunale Forschung in Österreich“ und das KDZ verfügt über ein professionelles Expertenteam und steht für Schulungen, Beratungen und Gutachten auf dem Gebiet der kommunalen Verwaltung und der Gemeindebetriebe mit ausgezeichnetem Fachwissen zur Verfügung.
Reinbert Schauer: Öffentliche Betriebswirtschaftslehre und Nonprofit Management an der Johannes Kepler Universität Linz
Gleichzeitig mit der Gründung des IKW durch Professor Ludwig Fröhler im Jahr 1969 beantragte das Professorenkollegium der Sozial-, Wirtschafts- und Rechtswissenschaftlichen Fakultät bei Frau Bundesminister Herta Firnberg die Errichtung einer Lehrkanzel für Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Dienste, was ein absolutes Novum in Österreich darstellte. 1970 wurde Prof. Theo Thiemeyer, Universität Köln, auf diese Lehrkanzel berufen und zum Vorstand des Institutes für Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Dienste (IBGU) bestellt. Seine Habilitationsschrift „Gemeinwirtschaft als Ordnungsprinzip“, Berlin 1970, legte mit Professor Karl Oettle die Grundlagen für die öffentliche Betriebswirtschaftslehre mit Betonung der Instrumentalfunktion gemeinwirtschaftlicher Unternehmen. Mit dem Weggang von Thiemeyer aus Linz bestand mehrere Jahre eine Lehrkanzelvakanz, die 1979 mit der Übernahme der Institutsleitung durch Professor Reinbert Schauer bis zu seiner Emeritierung beendet wurde. Sein funktional ausgerichteter Unternehmensbegriff ermöglichte die betriebswirtschaftliche Analyse der öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen. Öffentliche Verwaltungen haben sachpolitisch erwünschte Ziele zu erfüllen. Öffentliche Unternehmen haben die für die Daseinsvorsorge notwendige Infrastruktur bereitzustellen und sind bedarfs- und gemeinwirtschaftlich orientiert.
Durch die Teilnahme an der wissenschaftlichen Kommission ÖBWL (öffentliche Betriebswirtschaftslehre) wurden Initiativen zur Reform des öffentlichen Rechnungswesens eingeleitet und die kamerale Rechnung mit einer Ergebnis- und Vermögensrechnung verbunden. Ab 2009 finden jährliche Weiterbildungsveranstaltungen unter der Bezeichnung „Verwaltungsmanagement-Tag“ statt, die vom nachfolgenden Institutsvorstand Professor Dennis Hilgers und von Professor René Andeßner fortgesetzt wurden. Weitere Forschungsgebiete eröffneten sich für die halbstaatlichen und privaten Non-Profit-Organisationen, die in letzter Zeit zunehmende Bedeutung erlangten. Als „Dritter Sektor“ sind sie zwischen Markt und Staat positioniert, letztlich aber von staatlicher Finanzierung abhängig.
Aus der internationalen Vernetzung im Forschungsbereich entstanden vier Ehrendoktorate, nämlich an Ernst-Bernd Blümle, Karl Oettle, Dietrich Budäus und Norbert Thom.
Nach Reinbert Schauer bewirkte Dennis Hilgers die Umbenennung des IBGU in „Institut für Public und Non-Profit-Management“, um der Präsenz im angloamerikanischen Raum zu entsprechen. Ein Schwerpunkt ist die Weiterentwicklung des European Public Sector Accounting (EPSAS).
Diese neueste Entwicklung entfernt sich immer mehr von der ursprünglichen gemeinwirtschaftlichen Ausrichtung hin zu neoliberal orientierten Themen. Dies führt zur Zurückdrängung des öffentlichen Sektors und dessen Orientierung am öffentlichen Interesse hin zum Wettbewerb am Markt, zur Ausgliederung und letztlich zur Privatisierung öffentlicher Versorgungsleistungen. Im Sinne von Thiemeyer kommt es zu einer „Sinnverdünnung“, einer Transformation von öffentlich-wirtschaftlichen Sachzielen hin zu marktorientierten Formalzielen.