Band 135 - Public Value der Public Management-Ausbildung
Zusammenfassung für den „eiligen Leser“
Friedrich Klug, Herausgeber
Günter Horniak, Alfred Hödl: Aus- und Fortbildung im öffentlichen Dienst als Beitrag zur Schaffung von Public Value
Wegen der großen Herausforderungen, der dramatischen demographischen Entwicklung und der Veränderungen, wie Klimawandel, Migration, digitaler Transformation und globalen Pandemien rückt der Public Value der Managementausbildung für den öffentlichen Bereich immer mehr in den Vordergrund als bewusster Governance-Zugang. Von Außenstehenden, aber auch in den eigenen Reihen ist eine gewisse Form von Selbstverleugnung, Abwertung, Geringschätzung vorhanden; nur in Katastrophen-, Krisen- und Notzeiten wird man sich des Wertes der öffentlichen Dienstleistungen wieder bewusst.
Die derzeitigen Aus- und Weiterbildungen fokussieren nicht auf den öffentlichen Sektor. Bisherige Versuche auf der Ebene der Universitäten und Fachhochschulen zur Etablierung einer speziellen Ausbildung sind ergebnislos geblieben, wie etwa auch Bemühungen zur Verwaltungsreform, Modernisierung des Dienstrechts, nachhaltiges Handeln und Digitalisierung, die zwar in den Regierungserklärungen enthalten, aber nicht realisiert werden, wie z.B. die „Austrian School of Governance“. Vorschläge, wie interdisziplinäre gerneralistische Ausbildung, Durchlässigkeit, Mobilität, Einführung von ECTS, Einbeziehung bestehender Einrichtungen, Berufsbegleitung, duale Ausbildung von Maturantinnen und Maturanten, Lehre mit Matura, etc. werden unterbreitet. Ein zentrales, koordinierendes Gremium zur Entwicklung der Curricula, zum Bildungscontrolling, Wissenssicherung, laufende Evaluierung und Vernetzung mit den bestehenden Angeboten im Bund, weiters aber mit den Ländern und Gemeinden, wäre eine unabdingbare Voraussetzung zur Schaffung von Public Value.
Virginia Hagn, Christian Kaufmann: Neue Wohlstandsdefinitionen als Instrument zur Operationalisierung des Public Value Begriffs
Wegen der Eindimensionalität des BIP als Wohlstandsindikator sind Indikatorsets zur Wohlstandsmessung als Grundlage für gemeinwohlorientiertes Handeln zur Erzielung von Public Value zu entwickeln. Das Wachstum des BIP ist zwar eine notwendige Voraussetzung der Wohlfahrt, bedarf allerdings einer Ergänzung um Aspekte der Gesundheit, des sozialen Friedens, der Nachhaltigkeit, der Mobilität, der Transparenz, Demokratie, des Umwelt- und Klimaschutzes. Der öffentliche Sektor schafft Gemeinwohl im öffentlichen Interesse und hat Verfassungsprinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu beachten. Analysiert wurden Indikatoren-Sets der OECD (Better Life Index), der UNO (Sustainable Development Goals), aus Schweden (BIP, Umwelt, Soziales), Österreich (Wie geht´s Österreich) und Bhutan (Bruttonationalglück). Der Vergleich von sieben Indikatorsets zeigt starke Ähnlichkeiten, insbesondere was den Beitrag des öffentlichen Sektors zur Gesellschaft und die Transformation von Interessen der Gesellschaft in Entscheidungen der Politik betrifft, ist aber von der jeweiligen ethischen und moralischen Weltanschauung abhängig. Die Messung des Public Value allein auf der Grundlage des marktorientierten BIP ohne Berücksichtigung der sozialen Kosten und Nutzen ist unvollständig und sagt über den Beitrag des öffentlichen Sektors zum Gemeinwohl viel zu wenig aus und ist mittels Indikatorensets ergänzungsbedürftig.
Stefanie Mayer: Von der Messung zur Politikgestaltung
Das BIP als Wohlstandsindikator misst einerseits zu viel, weil es zwischen nützlichen und zerstörenden Gütern nicht unterscheidet und andererseits zu wenig, was die Lebensqualität betrifft. Die Komplexität, die Mehrdimensionalität und Bewertung der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Indikatoren in der Gegenwart und Zukunft erschwert die Messung des Public Value.
Neuseeland orientiert sich bei der Budgetgestaltung am Better Life Index der OECD. Ein Großteil des Budgets ist bereits gebunden, nur ein geringer Teil disponibel. Allerdings fehlen für die Hälfte der Indikatoren die Daten und sind laufende Adaptierungen erforderlich. So schneiden Maori schlechter ab, bestehen Schwierigkeiten bei der Prioritätensetzung, ist ein langfristiger Finanzrahmen für Investitionen über die Legislaturperiode hinaus zu erstellen und ist Expertenwissen zu nutzen.
In Neuseeland wird das Wohlbefinden von Kindern an Hand der Kinderarmut, am Schulerfolg, an der Kreativität, am gesunden Lebensstil und an der familiären und sexuellen Gewaltausübung gemessen. Die ressortübergreifende Beurteilung und die Beteiligung von rund 10.000 Personen ist für die Budgetgestaltung auf der Grundlage des Public Value ein herausfordernder diskussionswürdiger Ansatz.
Michal Selacko, Julia Dahlvik und Natalia Hartmann: Entwicklung der Lehrveranstaltung „Theorien und Konzepte von Public Value“
Aufbauend auf drei Definitionen des Public Value wird in diesem Beitrag eine Lehrveranstaltung des Bachelor-Studienganges Public Management an der FH Campus Wien vorgestellt. Public Value wird als Output-Legitimität mit öffentlicher Rechenschaftspflicht gegenüber der Gesellschaft verstanden, indem die Messung an Hand der Effizienz und Wirkung auf die Stakeholder erfolgt. Der zweite Ansatz bezieht sich auf die Input-Legitimität öffentlichen Handelns mit Rechenschaftspflicht gegenüber den Mitgliedern der politischen Gemeinschaft, wie die Werte geschaffen und im demokratischen Prozess gewünscht werden. Der dritte Public Value-Begriff bezieht sich auf die Institutionen des Staates und ihre Handlungen auf rechtlich-ethischen Grundlagen.
Das Seminar umfasst Präsenztermine, Selbststudium und Fernlehre mit Team-Teaching und Einsatz der Plattform Moodle. Die Lernziele zum Kompetenzerwerb, die verpflichtenden Teilleistungen und die Seminararbeit wurden von den Studierenden evaluiert. Im zweiten Durchlauf wurde ein überdurchschnittliches Ergebnis erzielt und die Relevanz des Public Value für öffentliches Handeln bestätigt.
Friedrich Klug: Public Value der Ausbildung für den öffentlichen Sektor
Public Value schafft einen Mehrwert, der über den Marktwert des BIP hinausgeht, er ist mehr als der Private Value unter Wettbewerbsbedingungen, vielmehr geht es um das Gemeinwohl und die Wohlfahrt der ganzen Welt, um die Berücksichtigung ethischer Grundsätze ohne Ausbeutung der Menschen, Tiere, Pflanzen und Rohstoffe, um die Vermeidung unendlichen Leids durch soziale Unruhen, Aufstände und Kriege. Trotz schwieriger Quantifizierungsprobleme ist der Sinn (das WARUM), der Zweck bzw. das Ziel (das WAS) und der Weg (das WIE) zu hinterfragen. Die Sachziele sind im öffentlichen Interesse gelegen und damit prioritär, Formalziele (Gewinn) wegen ihrer dienenden Funktion sekundär. Nach dem Grundprinzip von Leistung und Gegenleistung ist für eine ausreichende Finanzierung durch Leistung eines angemessenen und gerechten Beitrages der Nutznießer zu sorgen.
Der soziale Ausgleich zwischen Markt und Staat schafft einen Mehrwert durch demokratisch bestimmte Daseinsvorsorge. Der Public Value des gesamten Bildungssektors ist unbestritten, obwohl der neoliberale Mainstream dem öffentlichen Sektor eher kritisch und zurückdrängend gegenübersteht. Das System hat sich perpetuiert und ist weltweit verbreitet (mit Ausnahme von Kriegen, Krisen, Katastrophen, Pandemien und Klimawandel).
Das IKW hat aus diesen Gründen einen Vorschlag zur Schaffung von Mehrwert auf dem Bildungssektor, ausgehend von den Hohen Schulen mit Auswirkung auf das Wohlergehen der Gesellschaft entworfen, nämlich die Österreichische Privatuniversität für den öffentlichen Sektor – ÖPU, welche von den Gemeinden über die Bezirke, die Länder, den Bund bis zur EU auf dem Gebiet des Public Management lehrt und forscht. Ein „Speyer von Österreich“ ist das ambitionierte, kreative und innovative Ziel.
Viel Praxisbezug, die Fokussierung auf die spezifischen Probleme der öffentlichen Verwaltung und der Public Enterprises, eine kooperativ abgestimmte Grund- und Dienstausbildung, berufsbegleitende Präsenz- und Fernlehre, die Anerkennung bereits erworbener ECTS, die stufenweise Ausbildung über Lehrgänge, Studiengänge vom Bachelor, Master bis zur Promotion und Habilitation erlauben profunde Ausbildung für diesen volkswirtschaftlich bedeutenden Sektor und eine Flexibilität des beruflichen Einsatzes sowie die Schwerpunktbildung für einen bestimmten öffentlichen Bereich.
Das derzeitige Studienangebot an den Universitäten und Fachhochschulen entspricht nicht dem angestrebten, umfassenden Ansatz mit Studienzweigen Public Management und Public Enterprises mit bedarfsorientierten Schwerpunktbildungen, wie den vom IKW vorgeschlagenen Studienplänen und Curricula zu entnehmen ist (siehe auch den Beitrag Horniak/Hödl „Austrian School of Governance"). Vielmehr ist eine föderalismus- und ressortbedingte Zersplitterung des Bildungsangebotes festzustellen, das einer Koordinierung bedürfte, wobei die ÖPU eine beratende Funktion übernehmen könnte.
Hansjörg Gernolt Pauritsch: Public Value der Management-Ausbildung für Public Enterprises
Trotz der zweifellos vorhandenen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Unternehmungen des öffentlichen Sektors, vor allem in globalen Krisenzeiten und wegen der starken Veränderungen des politischen und marktwirtschaftlichen Umfelds gibt es keine speziellen Bildungsangebote in Österreich für Public Enterprises. Dies gilt nicht nur für Universitäten, sondern auch für Fachhochschulen und universitäre Bildungseinrichtungen. Öffentliche Unternehmungen sind bestenfalls nur Randerscheinungen oder sie werden wie Privatunternehmungen behandelt oder spezialisieren sich auf NPO´s und NGO´s.
Notwendig wäre vor allem Transparenz durch interne Public Corporate Governance und externe Compliance. Public Value könnte durch Vermittlung von Basis- und Schwerpunktkompetenz im Rahmen von Bachelor- und Masterstudien geschaffen werden. Eine Vertiefung durch Doktoratsstudien in bisher wenig behandelten Forschungsbereichen würde den Public Value für die Allgemeinheit mehren, diesen Sektor auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge stärken, vor allem den Fokus auf den öffentlichen Sinn und Zweck ausrichten und den Verfassungsprinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Effektivität entsprechen. Interdisziplinäre Forschung auf dem Gebiet der Aufgabenverteilung, der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Public Enterprises, die Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft, der Liberalisierung, unterteilt auf die wichtigen Sektoren der öffentlichen Wirtschaft, wäre von hohem gemeinwirtschaftlichen Nutzen.
Josef Thanhofer: Public Managementausbildungen auf Hochschulebene
In diesem Beitrag wird das derzeit vorhandene Angebot für die Public-Managementausbildung in Österreich und Deutschland dargestellt. Einschlägige FH-Studien werden in Wien, Villach und Linz (daneben auch Gesundheit, Soziales und Krankenhausmanagement), Universitätsstudien werden in Linz und an der Universität Speyer angeboten. Diese Studien werden bezüglich der Studienleistungen, Curricula und Begleitveranstaltungen miteinander verglichen.
Festgestellt wird, dass der Staat in Zukunft derartige Studien mehr denn je benötige. Voraussetzung wäre allerdings eine über eine längere Periode gesicherte Finanzierung. Derzeit besteht eine unkoordinierte Vielfalt ohne Abstimmung und Schwerpunktsetzung durch eine zuständige Stelle.
Die vom IKW entwickelte Möglichkeit, das Public Managementstudium im Rahmen einer Privatuniversität (ÖPU - Österreichische Universität für den öffentlichen Sektor) nach dem Muster der Universität Speyer zu gründen, würde einen hohen Public Value für die gesamte Volkswirtschaft schaffen und die Wohlfahrt mehren.