Kastanien am Auerspergplatz nicht mehr standsicher Kürzung der bestehenden Bäume zu Habitatbäumen bei gleichzeitiger Neupflanzung
Jährlich werden von Mitarbeiter*innen im Geschäftsbereich Stadtgrün- und Straßenbetreuung (SGS) rund 15.000 Bäume in 15 Teams kontrolliert. Dafür sind in jedem SGS-Team speziell geschulte Baumkontrolleur*innen dabei, um bei der Kontrolle geeignete Pflegemaßnahmen festzulegen. Im Zuge dieser Baumkontrollen und weiterführenden Untersuchungen bei drei Rosskastanien am Auerspergplatz konnte Bruch- und Standsicherheit von den Expert*innen des Geschäftsbereichs Stadtgrün- und Straßenbetreuung nicht abschließend bewertet werden. Daher wurden externe Sachverständige beauftragt, u.a. anhand von Zugversuchen die Verkehrssicherheit der Bäume zu ermitteln. Das nun vorliegende Gutachten besagt, dass die Bäume erst nach einer Höhenreduktion um sieben bis acht Meter wieder als standsicher bewertet werden können.
„Unsere Mitarbeiter*innen tun alles, um die Bäume der Stadt Linz zu pflegen und möglichst lange zu erhalten. Und so wurden auch die drei Kastanien am Auerspergplatz speziell seit 2014 besonders intensiv überwacht und gepflegt. Das nun vorliegende Gutachten belegt aber, dass die Bäume leider nicht mehr standsicher sind. Die Kastanien müssen daher gekürzt werden. Als Habitatbäume bleiben sie in den nächsten Jahren noch für den Artenschutz erhalten. Gleichzeitig erfolgt natürlich eine Neubepflanzung“, so Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger.
Hintergrund
2014: Nach einer eingehenden Untersuchung aufgrund Pilzbefall im Bereich des Stammkopfes wurde bei den Kastanien eine Kronensicherung eingebaut. Ansonsten hätten die Bäume gefällt werden müssen, da die Bruchsicherheit der meisten Äste nicht mehr gegeben war.
Ab 2015 wurden regelmäßig zusätzlich zu den jährlichen Kontrollen weitere Inaugenscheinnahmen durchgeführt.
2020: Schallmessung: Ergebnis Kronensicherung ist noch ausreichend.
Im Jahr 2022 wurde bei der weiteren Inaugenscheinnahme auch am Stammfuß die Fruchtkörper des aggressiven Pilzes gefunden. Im Anschluss wurde eine Schalluntersuchung durchgeführt.
Ergebnis: Der Baum ist nicht mehr standsicher und es wurde eine eingehende Untersuchung von Gutachter*innen mit dem Ziel, die Bäume erhalten zu können, beauftragt.
Gutachten
Im Juli wurden von Baumpartner Arboristik im Auftrag von SGS umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Die visuellen Baumbeurteilungen erfolgten nach einem Kriterienkatalog, welcher der ÖNORM L1122 „Baumpflege und Baumkontrolle sowie in der Baumpflege gegenwärtigen, üblichen Kriterien und Vorgehensweisen entspricht. Mittels einfacher Hilfsmittel wurden die Bäume auf eventuelle Schädigungen untersucht, falls erforderlich wurden Höhenzugangstechniken verwendet.
Die Windlast wurde durch einen statischen Zug mittels Seil simuliert und mittels zwischengeschaltetem Zugkraftmessgerät gemessen. Der Kippwinkel und die Randfaserdehnung wurden durch, am Stammfuß und Stamm montierten, Beschleunigungsmessgeräten ermittelt. Die Messungen dienten einerseits einer sicheren Versuchsdurchführung und andererseits der Einschätzung von Standfestigkeit und potentiellen Schwachstellen im Holzkörper.
Das Gutachten belegt nun leider, dass die drei Rosskastanien nicht mehr standsicher sind: „Die äußerst kritischen Standsicherheitswerte liegen jedoch weit unter jenen der Grund- und jenen der Bruchsicherheit und lassen sich nur über massive Wurzelschädigungen erklären. Diese spiegeln sich weder im Kronenbild, noch in Merkmalen an Stamm- oder Wurzelanläufen wider. Die Bäume stehen sehr geschützt gegenüber den Hauptwindrichtungen, doch können z.B. im Zuge von Gewittern Böen aus jeder Himmelsrichtung möglich sein. Fallen diese in die Straßenschluchten der Stockhof-, Herren- oder Volksgartenstraße so wäre mit zusätzlichen beschleunigende Effekten zu rechnen. Die Belastungen an den Bäumen würden dann unter anderem auch zu starken Torsionskräften an den Bäumen führen. Laut Berechnungen könnten die Bäume erst nach einer Höhenreduktion um zirka sieben bis acht Meter als standsicher bewertet werden.“
Aufgrund des Gutachtens werden die Rosskastanien nun von SGS gekürzt und bleiben als Habitatbäume in den nächsten Jahren für den Artenschutz erhalten. Gleichzeitig erfolgt eine Neubepflanzung.
Historie: Kastanien am Auerspergplatz
Den Recherchen von SGS zur Folge, wurden die Kastanien am Auerspergplatz in den 1870er Jahren gepflanzt.
1873: Verlegung der Pestsäule von der Landstraße auf den Auerspergplatz. Daher kann angenommen werden, dass die Kastanien zu dieser Zeit im Rahmen der Platzgestaltung gepflanzt wurden.
1900: Zeitfeststellung mithilfe des Baufortschrittes der Dombaustelle und der Kleidung. Am Auerspergplatz befinden sich 10 bis 12 Kastanienbäume die durch Formschnitt in einer gewissen Größe erzogen wurden.
1945: Luftbild nach den 2. Weltkrieg: Es sind noch 9 Bäume in unterschiedlicher Größe vorhanden. Der Formschnitt dürfte schon vor längerer Zeit eingestellt worden sein.
1988: Zu diesem Zeitpunkt dürften nur noch 5 Kastanien auf der Fläche gestanden haben.
1998: Seit 1988 ist noch ein Großbaum entfernt worden.
2007: Aufnahme der Bäume des Auerspergplatzes in den Baumkataster der Stadt Linz. Es sind noch vier Kastanien vorhanden.
Baumkontrollsystem von SGS
Jährlich werden von Mitarbeiter*innen im Geschäftsbereich SGS rund 15.000 Bäume in 15 Teams kontrolliert. Dafür sind in jedem SGS-Team speziell geschulte Baumkontrolleur*innen dabei, um bei der Kontrolle geeignete Pflegemaßnahmen festzulegen. Wenn darüber hinaus gehende Schäden festgestellt oder vermutet werden, werden die betroffenen Bäume von einem ausgebildeten Baumsachverständigen beurteilt. Das betrifft jährlich etwa 1.000 Bäume. Dabei werden technische Hilfsmittel, wie Schalltomographen eingesetzt. Auch Hebebühnen kommen zum Einsatz, um den Zustand der Baumkrone auch tatsächlich unmittelbar beurteilen und entsprechend punktgenau Pflegemaßnahmen durchführen zu können, ohne dass dabei der Baum in Mitleidenschaft gezogen wird. Zudem sind im Geschäftsbereich drei Mitarbeiter ausgebildete Kletterer, die zur Baumpflege in schwer zugänglichen Bereichen der Krone arbeiten.
Von den zirka 1.000 Bäumen werden dann etwa 100 Bäume vom zuständigen Abteilungsleiter, der gerichtlich beeideter Sachverständiger ist, nochmals beurteilt. Durch die Erfahrung im Geschäftsbereich können bei vielen Bäumen auch zu diesem Zeitpunkt noch weitere Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen getroffen werden. In heiklen Fällen – wie bei den Kastanien am Auerspergplatz – werden darüber hinaus externe Sachverständige zugezogen. Durch dieses umfangreiche Prozedere schafft es der Geschäftsbereich SGS, jährlich sehr viele Bäume zu retten und nur wenige Bäume müssen gefällt und ersetzt werden.
(Informationsunterlage zur Pressegespräch mit Stadträtin Mag.a Eva Schobesberger zum Thema „Kastanien am Auerspergplatz nicht mehr standsicher“)
Weitere Gesprächspartner:
Ing. Mag. Martin Krammer / Direktor SGS
Dipl.-HLFL-Ing. Werner Münzker / Abteilungsleiter SGS
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