Stadt Linz fördert KI bei der Pflege Pflegeassistenzsystem „Auxilio“ erleichtert häusliche Pflege und fördert längeres selbstbestimmtes Wohnen
In Zeiten von wachsendem Pflegebedarf kommt es nicht nur darauf an, Pflegepersonal auszubilden oder zu rekrutieren, sondern auch darauf, den pflegenden Personen ihre Arbeit zu erleichtern und Unterstützung für pflegende Angehörige zu bieten. Moderne Sensorik und künstliche Intelligenz (KI) können hier innovative Lösungen bereitstellen. Ziel des Linzer Sozialressorts ist es daher, Technologien zu fördern, die Pflegequalität zu steigern, Personal zu unterstützen und älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Ein effizientes Förderinstrument dafür ist der im Rahmen der „Fachkräftestrategie Pflege“ im Zuge einer Kooperation des Landes Oberösterreich, des Städte- und Gemeindebunds sowie der Regionalen Träger Sozialer Hilfe (RTSH) geschaffene „Oö. Pflegetechnologiefonds“. Die Stadt Linz unterstützt im Rahmen dieses Fonds vier Projekte. Dazu zählt „Sensorik, Pflege und KI – Praxisanwendung in drei Settings“ der Diakoniewerk Syncare GmbH, das eine Förderempfehlung erhielt.
Das Ziel dieses Projekts ist es, durch den Einsatz intelligenter Sensorik Informationen zu generieren und auszuwerten, um den Bedarf an stationärer Pflege – wie etwa die Aufnahme in ein Alten- und Pflegeheim – hinauszuzögern oder idealerweise zu vermeiden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Anwendung dieser Technologie in betreuten Wohneinrichtungen und Privathaushalten, um älteren Menschen ein möglichst langes und selbstbestimmtes Leben in ihrer gewohnten Umgebung zu ermöglichen.
Die gesamten Projektkosten belaufen sich auf 149.000 Euro und werden zur Hälfte vom Land Oberösterreich und zur Hälfte von der Stadt Linz getragen. Für die Umsetzung hat der Linzer Gemeinderat 74.500 Euro bewilligt.
„Die Stadt Linz hat sich bereits in der Vergangenheit als Vorreiter in der Umsetzung von innovativen Pflegekonzepten positioniert. Wir unterstützen jede Neuerung, die geeignet ist, die Qualität der Pflege zu verbessern und es gleichzeitig dem pflegenden Personal ermöglicht, den ihnen anvertrauten Klient*innen noch mehr Aufmerksamkeit zu widmen als bisher“, sagt der geschäftsführende Linzer Vizebürgermeister Dietmar Prammer.
„Für mich als Sozialreferentin ist es ein wesentliches Anliegen, das Pflegepersonal bei seiner täglichen Arbeit zu unterstützen. Mit dem Projekt der Diakoniewerk Syncare GmbH können wir zusätzlich einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass viele Menschen länger in ihren eigenen vier Wänden verbleiben können“, unterstreicht Vizebürgermeisterin Karin Hörzing.
„Der Einsatz von KI und speziell von intelligenten Assistenzsystemen wie das von uns verwendete „Auxilio“ wird in Deutschland bereits seit längerem erfolgreich angewandt. Wir vom Diakoniewerk möchten das System nun auch nach Österreich bringen und freuen uns, dass das Projekt dank der Kooperation mit den Projektpartnern Land Oberösterreich und Stadt Linz erfolgreich starten kann“, sagt Mag.a Monika Hochreiter, die das Projekt für die Diakoniewerk Syncare GmbH entwickelt.
Sensorik, Pflege und KI – Praxisanwendung in drei Settings
Das vom Pflegetechnologiefonds unterstützte Projekt wird in Kooperation der Diakoniewerk Syncare GmbH und der Auxilio Intelligente Assistenzsysteme Entwicklungs GmbH umgesetzt. Kernstück des Projekts ist das KI-gestützte Assistenzsystem „Auxilio“, das mithilfe von Sensoren die Bewegungsabläufe der Bewohner*innen erfasst und Abweichungen erkennt. So kann im Notfall – etwa bei einem Sturz – umgehend eine Alarmmeldung ausgelöst werden, die rasches Eingreifen ermöglicht.
Ein Vorteil des „Auxilio“-Systems ist seine Offline-Funktionalität, wodurch keine personenbezogenen Daten nach außen übertragen werden und ein hoher Schutz vor Datenmissbrauch gewährleistet ist. „Auxilio“ lernt die täglichen Bewegungsmuster der Nutzer*innen kennen und schlägt bei ungewöhnlichen Veränderungen Alarm, was im Ernstfall schnelle Hilfe in Echtzeit sicherstellt.
Im Rahmen des Projekts in Linz werden insgesamt 25 „Auxilio“-Systeme in drei verschiedenen Settings getestet: im Seniorenhaus des Diakoniewerks in der Körnerstraße, im Betreuten Wohnen im „Wohnpark Diakonissen Linz“ an der Weißenwolffstraße sowie in privaten Haushalten, die durch die mobilen Dienste des Diakoniewerks betreut werden.
Wie funktioniert „Auxilio“?
„Auxilio“ ist ein intelligentes Assistenzsystem, das mithilfe künstlicher Intelligenz sowie strategisch platzierter Sensoren und Aktoren in der Wohnung unauffällig die täglichen Gewohnheiten und Bewegungsabläufe der Bewohner*innen im Hintergrund erlernt. Das System umfasst verschiedene technische Komponenten zur Erfassung der Aktivitäten im Wohnraum, darunter Türsensoren, Bewegungsmelder, Radar-Sturzsensoren, Rauchmelder und Sensoren zur Überwachung der Aktivität von Elektrogeräten. Ein „Alles aus“-Schalter am Bett sowie weitere Elemente sorgen für zusätzlichen Komfort und Sicherheit.
Diese Sensoren und Aktoren können beispielsweise Bewegungen erfassen und Lichtwege vom Schlafzimmer zu den Nassräumen aktivieren oder den Herd automatisch abschalten, wenn dies erforderlich ist. Die zentrale Einheit von „Auxilio“ sammelt alle erfassten Daten, passt so das System kontinuierlich an die individuellen Bedürfnisse an und reagiert im Bedarfsfall sofort.
Unterstützung im Alltag und Entlastung der Pflegenden
„Auxilio“ erkennt selbstständig, ob eine kritische Veränderung oder lediglich eine temporäre Abweichung im Tagesablauf vorliegt. Sobald ungewöhnliche Bewegungsmuster registriert werden, sendet das System eine automatische Meldung an vorher festgelegte Kontaktpersonen wie Angehörige oder Nachbarn. In dringenden Fällen, etwa bei einem Sturz, wird direkt die Rettungszentrale benachrichtigt. Die Bewohner*innen können im Vorfeld entscheiden, wer in solchen Situationen informiert werden soll. Alternativ kann auch über einen Notrufknopf ein Alarm manuell ausgelöst werden.
Das System arbeitet mit verschiedenen Eskalationsstufen, sodass nicht jede kritische Situation einen Notdiensteinsatz erfordert. Nur bei der höchsten Eskalationsstufe, beispielsweise einem Sturz, werden die Rettungskräfte sofort verständigt, ohne dass die betroffene Person selbst einen Notruf absetzen muss. Dies stellt eine passive und zuverlässige Notfallhilfe dar und kann entscheidend dazu beitragen, Personen nach Stürzen rascher zu finden und im Ernstfall Leben zu retten.
Ein zusätzlicher Vorteil: „Auxilio“ funktioniert ohne aktive Bedienung und bleibt unauffällig im Hintergrund. Die Bewohner*innen benötigen keinerlei technische Vorkenntnisse und können das System unbemerkt in ihren Alltag integrieren.
In den Wohnräumen werden Sensoren strategisch platziert;
(Bildcredit: Auxilio care)
24/7 - Unterstützung rund um die Uhr
Das System funktioniert sieben Tagen die Woche rund um die Uhr, ohne dass Personen des Pflegepersonals in der Wohnung anwesend sein müssen.
Datenschutz
„Auxilio“ kann weder Ton- noch Videoaufnahmen machen und arbeitet strikt offline. Keine von den Sensoren erfassten Daten verlassen das System ungefragt. Nicht autorisierte Personen haben keinen Zugriff auf die Daten. Es werden keine personenbezogenen Daten weitergeleitet. Alle Nutzer*innen von „Auxilio“ werden vorher genauestens über die Funktionsweise aufgeklärt und müssen natürlich ihre Zustimmung zum Einbau und zur Nutzung des Systems geben.
Einsatz in Wohnheimen, Betreutem Wohnen und bei mobilen Diensten
Im Rahmen des Projekts sollen Informationen über kritische Abweichungen im Tagesablauf und Sturzereignisse dem Pflegepersonal, insbesondere dem Nachtdienst, gezielt zur Verfügung gestellt werden. Dies ermöglicht eine präventive und individuellere Betreuung der Bewohner*innen und entlastet das Pflegepersonal, indem es beispielsweise schon vor einem Hausbesuch über relevante Informationen verfügt. Dadurch können die Bewohner*innen vorausschauender und gezielter unterstützt werden.
„Auxilio“ wurde bisher hauptsächlich in Privathaushalten eingesetzt. Das Projekt bietet nun die Möglichkeit, das System in verschiedenen Pflege- und Betreuungseinrichtungen zu testen und den Mehrwert in Kombination mit unterschiedlichen Betreuungs- und Pflegedienstleistungen zu evaluieren. Neben Privathaushalten, die von mobilen Diensten unterstützt werden, wird das System auch in verschiedenen betreuten Wohnformen sowie in Alten- und Pflegeheimen erprobt, vorausgesetzt, die Bewohner*innen oder deren Angehörige stimmen der Nutzung zu.
Ziel des Projekts ist es, das System so weiterzuentwickeln, dass es dem Fachpersonal im professionellen Sozialbereich eine wirkungsvolle Unterstützung bietet und ihre täglichen Abläufe optimiert.
„Auxilio“ ist selbstlernend
Die technischen Weiterentwicklungen und Anpassungen der bestehenden KI von „Auxilio“ zielen darauf ab, das System noch besser auf die Anforderungen von Fachpersonal abzustimmen. Für die bestehende KI sollen zusätzliche „Lerndaten“ bereitgestellt werden, um die Fähigkeit zur Erkennung von Abweichungen durch die Einbindung externer Daten weiter zu verbessern.
Ein zentraler Vorteil des Projekts besteht darin, dass vom System erfasste Abweichungen zeitnah durch qualifiziertes Fachpersonal überprüft werden. Diese Rückmeldung an das System beschleunigt den Lernprozess der KI erheblich und optimiert das KI-basierte Erkennen von Abweichungen. Dadurch wird das System technologisch verbessert und bietet einen besonderen Mehrwert für den Sozialbereich.
Langfristig soll „Auxilio“ Abweichungen vom Standardverhalten in Pflegeeinrichtungen frühzeitig identifizieren und durch den Abgleich mit anderen Datensätzen mögliche Verhaltensentwicklungen vorhersagen. Dies soll es ermöglichen, pflegerische oder sozialbetreuerische Interventionen rechtzeitig zu initiieren.
Ein weiteres Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Gesamtkonzepts, das „Auxilio“ als Unterstützungssystem für das Fachpersonal optimal integriert und Synergien zwischen Alten- und Pflegeheimen, betreutem Wohnen und mobilen Diensten schafft, um den Mehrwert für Personal und Klient*innen zu maximieren.
Fazit
Das Projekt verfolgt das Ziel, „Auxilio“ und seine Schnittstellen so weiterzuentwickeln, dass es technisch und organisatorisch optimal für mobile Dienste, betreutes Wohnen und Altenheime eingesetzt werden kann, mit dem langfristigen Ziel einer flächendeckenden Einführung. Im Rahmen des Projekts soll auch ein detailliertes Konzept erarbeitet werden, das zeigt, wie eine optimale Sozialraum-Lösung gestaltet werden kann, welche die Ressourcen von „Auxilio“ mit dem Fachpersonal in mobilen Diensten, betreutem Wohnen und Altenheimen verbindet.
(Informationsunterlage zur Pressekonferenz des geschäftsführenden Vizebürgermeisters Dietmar Prammer, Vizebürgermeisterin Karin Hörzing und Mag.a Monika Hochreiter, Diakoniewerk Syncare GmbH, zum Thema „Stadt Linz fördert technische Innovationen für Sensorik, Pflege und KI“)
Fotos
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Der Einsatz von KI erleichtert die Arbeit des Pflegepersonals. Dadurch bleibt mehr Zeit für die persönliche Zuwendung zu den Klient*innen.
(Foto: Shutterstock)
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