Medienservice vom: 10.03.2023 |Downloads zum Medienservice

Drei Jahre Corona-Pandemie Analyse und Bilanz der gesetzten Maßnahmen

  • Bürgermeister Klaus Luger: „Umfassende Aufarbeitung angehen und rasche Schlüsse aus Fehlern ziehen!“ 
  • Linzer Stadtchef fordert Offensive bei bundesweitem Datenmanagement und mehr faktenbasiertes Leadership in Pandemiefragen

Vor drei Jahren – am 26. Februar 2020 – wurde in einer Linzer Arztpraxis der erste Corona-Fall der Landeshauptstadt nachgewiesen. Knapp drei Wochen später, am 16. März, verfügte die Bundesregierung den ersten Lockdown, der das gesamte öffentliche Leben auf ein Minimum herunterfuhr. Seitdem ist viel passiert: drei weitere Lockdowns folgten. Knapp sechs Millionen laborbestätigte Covid-19-Infektionen wurden österreichweit gezählt. 207 Millionen Tests wurden durchgeführt und mehr als 20 Millionen Impfdosen im gesamten Bundesgebiet verabreicht, sodass mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Bevölkerung gegen das Virus mindestens drei Mal geimpft ist. 22.000 Menschen sind an Corona gestorben, in Linz wurden 393 Todesfälle (Stand 9. März 2023) verzeichnet.

Aktuell sind in Oberösterreich etwa 8.500 Infektionen mit Covid-19 nachgewiesen, davon in Linz 1.265. Trotz der – absolut gesehen – relativ hohen Anzahl an infizierten Personen, zeigt die im Vergleich zu 2020 jedoch stark gesunkene Hospitalisierungsrate, dass das Corona-Virus stark an Schrecken eingebüßt hat. Die Gründe dafür sehen Expert*innen einerseits in weniger gefährlichen Virusmutationen (Omikron-Variante) sowie einer erreichten Grundimmunität durch Impfungen sowie überstandene Infektionen.

Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger, der als Bezirkshauptmann dem städtischen Covid-Krisenstab vorstand, kritisierte bereits während der Pandemie den Zick-Zack-Kurs der Bundesregierung in zahlreichen gesetzten Maßnahmen. Nun sieht Luger die Zeit einer konsequenten Analyse gekommen und fordert von der Bundesregierung die Etablierung belastbarer Strukturen und Netzwerke im Krisenmanagement, um Fehler der Vergangenheit im Sinne einer optimalen Krisenvorsorge nicht zu wiederholen:

„Die Zeit der Pandemie hat massive Schwachstellen in der Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den ausführenden Behörden auf Bezirks- und Kommunalebene aufgezeigt. Das reicht von einem veritablen Daten-Chaos über mangelhafte Kommunikation der Bundesregierung mit Ländern, Bezirken, Städten und Gemeinden bis hin zu Fehleinschätzungen und rechtlich nicht gedeckten Vorgaben. Über weiteste Strecken waren Bezirke und Kommunen in der Pandemie-Arbeit auf sich alleine gestellt und haben die Umsetzung der Maßnahmen – vom sinnvollen Impfangebot bis hin zu fragwürdigen Massentests – gewährleisten müssen“, analysiert Bürgermeister Klaus Luger.

Status Quo: Covid-19 seit Ausbruch

In den vergangenen drei Jahren sind insgesamt etwa 120.000 Linzer*innen laut Statistik am Corona-Virus erkrankt, was mehr als der Hälfte der Linzer Stadtbevölkerung entspricht. 53 Prozent sind darüber hinaus mindestens drei Mal geimpft.

Mit Stand 9. März verzeichnete die Gesundheitsbehörde der Landeshauptstadt 1.265 Covid-19-infizierte Personen. 393 Menschen mit Hauptwohnsitz Linz verstarben an oder mit einer Corona-Infektion. Wie aus untenstehender Grafik ersichtlich ist, führte die so genannte „Herbstwelle“ des Jahres 2021 zu einem rapiden Anstieg der Covid-19-bedingten Todesfälle. Expert*innen, wie etwa der Komplexitätsforscher Peter Klimek, sehen in der Verfügbarkeit wirksamer Impfstoffe mit Jahresbeginn 2021 den entschei-denden Gamechanger. So sei es durch die Impfungen gelungen, die Sterberate von Covid-19 binnen eines Jahres von etwa einem Prozent auf 0,1 Prozent, somit auf ein Zehntel, zu reduzieren. Derselbe Effekt sei auch bei der Rate der Spitals- und Intensivpatient*innen beobachtbar, erklärt Komplexitätsforscher Klimek in der „Presse“ (Ausgabe 20.2. 2023). Mittlerweile könne davon ausgegangen werden, dass etwa 98 Prozent der Bevölkerung durch Impfungen und/oder Infektionen über eine gewisse Immunität verfügen. 

„In den vergangenen Wochen hat Bundeskanzler Nehammer von der Einleitung eines ‚Dialogprozesses‘ zur Covid-Pandemie gesprochen. Gesundheitsminister Rauch sieht die ‚Zeit für ein neues Miteinander‘ gekommen. Als Bürgermeister und gleichzeitig Vorsitzender des Oberösterreichischen Städtebundes erwarte ich dies umgehend. Die vergangenen Jahre haben aufgezeigt, dass wir eine nationale, faktenbasierte Krisen-Strategie benötigen. Bei der Erstellung einer solchen ist es unumgänglich, Versäumnisse und Schwachstellen aufzuarbeiten und unter Einbeziehung der Gebietskörperschaften konkrete Schritte zu setzen. Die Zeit der Sonntagsreden ist vorbei“, betont Bürger-meister Klaus Luger.

Das Linzer Stadtoberhaupt führt fünf große Problemfelder an, die einer genauen Analyse bedürfen:

Problem 1: Kommunikations-Fiasko bei Lockdowns ab Sommer 2020

Wie namhafte Expert*innen auch rückblickend bestätigen, war der erste harte Lockdown im März und April 2020 noch unausweichlich: Zu wenig war zu diesem Zeitpunkt über Covid-19 und dessen Auswirkungen bekannt. In dieser Phase galt es, Zeit zu gewinnen, das Spitalssystem vor einer allfälligen Überlastung zu schützen und Vorkehrungen – etwa das Beschaffen von Schutzmaterialien und Desinfektionsmitteln – zu treffen. Der erste Lockdown wurde vom größten Teil der Bevölkerung inklusive seiner harten Auswirkungen wie Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, aber auch Schulschließungen, weitestgehend akzeptiert und mitgetragen. Diese zum damaligen Zeitpunkt neue Situation stellte das gesellschaftliche aber auch das wirtschaftliche Leben der Republik vor völlig neue Herausforderungen, deren Bewältigung jedoch auch angesichts eines massiven Digitalisierungsschubes – Stichwort Homeoffice – gelang.

„Diese harten, aber klar und nachvollziehbar kommunizierten Maßnahmen im ersten Lockdown wurden mitgetragen, weil diese ohne Alternative waren. Die Fehler der Bundesregierung begannen sich jedoch im Sommer 2020 zu häufen. In dieser Zeit hätte es darum gehen sollen, sich auf den Herbst und die prognostizierte Infektionswelle vorzubereiten, etwa um ausreichend Personalressourcen zum Contact-Tracing zur Verfügung zu stellen. Stattdessen vergeudete der Bund Zeit mit sinnlosen Ampel-Regelungen, Erlässen mit schlechter juristischer Qualität sowie IT-Fehlschüssen“, erklärt Bürgermeister Luger.

Die weiteren drei Lockdowns wurden angesichts sich häufender Fehler der Bundesregierung und mangelhafter Kommunikation von der Bevölkerung von Mal zu Mal weniger ernst genommen, verloren somit zusehends an Wirkung und gipfelten im so genannten „Lockdown für Ungeimpfte“. Dessen Sinnhaftigkeit zur Erhöhung der Impfquote zur Eindämmung des Infektionsgeschehens hatten Expert*innen vorab klar infrage gestellt.

„Diese fragwürdige Maßnahme resultierte einzig und allein aus dem voreilig abgegebenen Versprechen des damaligen Bundeskanzlers Kurz, dass für Geimpfte die Pandemie vorbei sei und keinerlei zusätzliche Einschränkungen für diese kommen würden. Wie so oft wurden bei diesem Versprechen die Faktenlage sowie Expert*innen-Empfehlungen außer Acht gelassen. Impfskeptiker*innen hingegen waren spätestens ab diesem Zeitpunkt völlig für einen Dialog verloren. Wichtiger wäre es gewesen, eine bundesweite, einheitliche und konsequente Strategie zu entwickeln und auch zu verfolgen, anstatt einem politisch motivierten Zick-Zack-Kurs zu fahren“, erklärt Bürgermeister Luger.

Problem 2: Maßnahmen ohne verfassungsrechtliche Grundlage

Massiv an Vertrauen eingebüßt hat die Bundesregierung auch durch handwerkliche Fehler: so wurde etwa stets betont, dass Besuche in anderen Wohnungen verboten seien, was jedoch nie verordnet worden war. Auch hielten die im ersten Lockdown verordneten Ausgangsregeln der Begutachtung durch den Verfassungsgerichtshof letztlich nicht stand: das Gesundheitsministerium hätte zwar Betretungsverbote für bestimmte Flächen verordnen dürfen, aber nicht für den gesamten öffentlichen Raum. Ähnliches ereignete sich bei den Öffnungen im Einzelhandel: so durften lediglich Geschäfte bis 400 Quadratmeter Fläche öffnen, ausgenommen waren Baumärkte und Gartencenter. Auch diese Regelung von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck wurde vom Verfassungsgerichtshof für rechtswidrig erklärt.  

„Nicht nur Privatpersonen, auch Wirtschaftsbetriebe und die öffentliche Verwaltung mussten laufend in einem Informations-Vakuum agieren: nicht nur einmal kündigten Bundeskanzler und Gesundheitsminister in inflationär stattfindenden Pressekonferenzen Maßnahmen an, welche wenige Tage später völlig anders in den dazugehörigen Verordnungen ausgeführt waren. Nicht einmal die ausführenden Landes- und Bezirksverwaltungsbehörden erhielten zeitgerechte Informationen über die Vorhaben der Regierung und mussten sich nahezu wöchentlich von Verordnungen überraschen lassen. Im Nachhinein muss man leider feststellen, dass hier durch den entstandenen Mehraufwand fahrlässig mit Ressourcen der Verwaltung umgegangen wurde, welche an anderen Stellen dringend benötigt worden wären. Für die Zukunft erwarte ich auch als Vorsitzender des Oberösterreichischen Städtebundes transparente Kommunikation und Informationen, auf die sich Bürger*innen, Wirtschaft und Verwaltung verlassen können“, betont Luger. 

Problem 3: Impfpflicht-Farce als kommunikatives Eigentor

Als kommunikatives Eigentor stellte sich in weiterer Folge die vom Nationalrat beschlossene Impfpflicht heraus. Diese war über Monate ausgeschlossen worden, jedoch im November 2021 – mit dem vierten Lockdown – präsentiert worden. Umgesetzt wurde die Impfpflicht letztlich jedoch nie. Ziel der Maßnahme wäre gewesen, die Impfbereitschaft zu erhöhen und gleichzeitig bereits geimpfte Personen zu belohnen, entgegen den Warnungen von Expert*innen, dass diese Maßnahme den bereits deutlich spürbaren Riss durch die Gesellschaft weiter vergrößern würde. Zusätzlich fiel die Diskussion um die Impfpflicht mit dem Auftreten der zwar hoch ansteckenden, aber letztlich jedoch weniger gefährlich verlaufenden Virusmutation Omikron zusammen. Trotz mehrmonatiger Erfahrungen mit Omikron hielt die Bundesregierung jedoch noch bis März an ih-rem Vorhaben fest.

„Die Diskussion um die Impfpflicht ist definitiv als peinlichstes Kapitel in der Covid-Arbeit der Bundesregierung zu werten und zeigt, dass dieser Plan ausschließlich politisch motiviert war. Zu diesem Zeitpunkt waren Impfstandorte alles andere als überlaufen, die Zahl der Erststiche war überschaubar. Vernünftiger wäre es gewesen, die Zeit und die Energie gezielt in adäquate Bewusstseinsbildung zu investieren, anstatt die Bevölkerung weiterhin zu entzweien“, legt Bürgermeister Klaus Luger dar.

Problem 4: Daten-Chaos über Jahre hinweg

Bereits in den Anfangstagen der Pandemie wurde ein durchgängiges Daten-Wirrwar offenbar:

  • So veröffentlichten unterschiedliche Stellen des Bundes und der Länder zu denselben epidemiologischen Parametern laufend deutlich unterschiedliche Zahlen zum Infektionsgeschehen. Ende März 2022 wies beispielsweise die Auswertung der AGES 49 Prozent symptomatisch und 51 Prozent asymptomatisch erkrankte Personen in Österreich aus. Die Daten der so genannten „Ampelkommission“ verzeichneten hingegen 69 Prozent symptomatische Verläufe bei 31 Prozent asymptomatisch verlaufende Infektionen. (vgl. NEWS 14/2022).
  • Auch wurde verabsäumt, das Epidemiologische Meldesystem (EMS) weiterzuentwickeln, um den Gesundheitszustand von infizierten Personen laufend verfolgen zu können. 
  • Weitere Daten-Pannen sind in diesem Zusammenhang noch vielfach in Erinnerung: so stieg im Frühling des Vorjahres die Zahl der Toten plötzlich von einem Tag auf den anderen um knapp 1.000 aufgrund von verspäteten Einmeldungen aus den Bundesländern; in verschiedenen Datenbanken bestanden Abweichungen von bis zu 2.000 Fällen (vgl. Kronen Zeitung, 23.4.2022).
  • Wie das Magazin „NEWS“ berichtete (14/2022), stieg beispielsweise innerhalb weniger Tage aufgrund verspäteter Nachmeldungen in Niederösterreich die Zahl der seit Ausbruch der Pandemie an Covid-Verstorbenen um 24 Prozent an, in Tirol um neun Prozent.
  • Bis in den Frühling 2022 war es beispielsweise auch Sozialversicherungen nicht möglich, Corona-Daten aus dem Epidemiologischen Meldesystem des Bundes zu bekommen.

„Eine solide Datengrundlage ist für wirkungsvolle Krisenarbeit das Um und Auf. Leider mussten sich die letztlich ausführenden Behörden auch in diesem Bereich ihre eigenen Strukturen schaffen oder diese aufgrund fehlender Funktionalitäten oder Schnittstellen ausbauen. In Zeiten der umfassenden Digitalisierung ist gerade in Sachen Krisenvorsorge ein belastbares Datenmanagement auf Bundesebene unerlässlich“, fordert Stadtchef Luger rasches Handeln.

Problem 5: IT-Chaos rund um Massentests und falsche Schwerpunkte

Kurz vor Weihnachten 2020 kündigte der Bund länderübergreifende Massentestungen an. Diese wurden von den Bezirken, Städten und Gemeinden mit großem Aufwand, viel Eigeninitiative und in enger Kooperation mit Einsatzorganisationen wie Rotem Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Polizei und Bundesheer unaufgeregt und fehlerlos über die Bühne gebracht. Dabei waren die Vorzeichen alles andere als einfach: das elektronische Anmeldesystem stürzte rasch ab, wodurch unter anderem die Stadt Linz gezwungen war, ihre eigenen IT-Lösungen zu installieren und somit einen reibungslosen Ablauf in den Teststandorten zu gewährleisten.
„Die Massentests erwiesen sich im Nachhinein als Tritt ins Fettnäpfchen und haben einmal mehr aufgezeigt, dass das eigene Krisenmanagement nicht nur präziser, sondern auch effizienter war als jenes der Bundesstellen. Noch heute bin den hunderten Magistratsbediensteten dankbar, die über die Feiertage 2020 mit großem Einsatz im Dienst standen, um diese Herausforderung gemeinsam zu stemmen“, erinnert sich Luger.

Als besonders skurrilen Fall und Beispiel der falschen Schwerpunktsetzung bei IT-Projekten der Bundesregierung erwähnt der Linzer Stadtchef das von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und der Wirtschaftskammer präsentierte „Kaufhaus Österreich“. Dieses wurde als eine Art österreichische Antwort auf Online-Riesen Amazon vor Weihnachten 2020 ins Leben gerufen und sollte österreichische Händler unterstützen. Als sich der Flop abzeichnete, wurde die Seite noch zu einer Info-Plattform für Händler*innen umgearbeitet. 2022 wurde das Projekt, das insgesamt 950.000 Euro gekostet hat, endgültig stillgelegt. 

(Informationsunterlage zur Pressekonferenz mit Bürgermeister Klaus Luger zum Thema „Drei Jahre Corona – Analyse und Bilanz der gesetzten Maßnahmen“)

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