Medienservice vom: 16.02.2024 |Fotos zur Meldung

Stadtlandschaft im Wandel Förderung der Artenvielfalt und Klimawandelanpassung am Beispiel der Stadt Linz

  • Tagung im Wissensturm ab 14 Uhr

Der Lebensraum Stadt verändert sich tiefgreifend. Biodiversitäts- und Klimakrise stellen Städte und ihre Bewohner*innen vor große Herausforderungen. In der Tagung „Stadtlandschaft im Wandel“ mit Prof. Dr. Franz Essl zur Förderung der Artenvielfalt und Klimawandelanpassung am Beispiel der Stadt Linz heute, 16. Februar, im Wissensturm, wird in einem vielseitigen Programm beleuchtet, wie wir menschliche Lebensqualität, die Lebensvielfalt der Pflanzen und Tiere sowie die Lebensgrundlagen Boden, Wasser und Klima besser schützen und fördern können. 

„Um der fortschreitenden Biodiversitäts- und Klimakrise entgegenzuwirken, bedarf es einer Bündelung der Kräfte. Denn nur mit gemeinsamen Anstrengungen wird es gelingen, in einer intakten Natur lebenswerte Bedingungen zu erhalten beziehungsweise zu schaffen. Eine enge Zusammenarbeit und laufenden Wissensaustausch zwischen interessierten Bürger*innen, Expert*innen und der Stadtverwaltung ist dafür wesentlich – dazu bietet die heutige Veranstaltung eine gute Möglichkeit“, lädt Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger zur Tagung ein.

„Grüne Städte sind nicht nur Heimat vieler Tier- und Pflanzenarten, sondern sie tragen auch massiv zum Wohlergehen der Einwohner*innen bei. Und im Klimawandel besonders wichtig: Bäume, Parks und Grünschneisen dämpfen die sommerliche Hitze auf natürliche Art. Linz setzt mit dem neuen stadtökologischen Programm hier wichtige neue Akzente. Ich freue mich auf eine ambitionierte Umsetzung – mit ausreichend Ressourcen. Dabei braucht die Stadt der Zukunft mehr öffentlichen Verkehr und weniger Autoverkehr. Städte leiden heute nicht an einem zu wenig, sondern an einem zu viel an Straßen“, führt Prof. Dr. Franz Essl, Wissenschaftler des Jahres 2022, von der Universität Wien aus. 

„Neben der Klima- und Biodiversitätskrise wird der demografische Wandel, also der steigende Bevölkerungsanteil von in der Stadt lebenden Menschen, eine zusätzliche Herausforderung für das Ökosystem Stadt sein. Nur durch fundiertes Wissen über die Stadtnatur kann es gelingen, dieses kostbare Gut zu bewahren, damit eine Stadt lebenswert bleibt“, betont Thomas Schiefecker, MSc, Leiter des Botanischen Gartens und der Naturkundlichen Station der Stadt Linz.

Veränderte Lebensräume – Stadtnatur erhalten

Die Klimakrise und die Biodiversitätskrise sind zwei der zentralen Umweltprobleme unserer Zeit, die eng miteinander verknüpft sind. Die Klimakrise, gekennzeichnet durch globale Erwärmung, Veränderungen der Niederschlagsmuster und Zunahme extremer Wetterereignisse, wirkt sich direkt auf die Biodiversität aus. Eine steigende Anzahl von Arten ist durch den Klimawandel bedroht, da sich ihre natürlichen Lebensräume verändern, verkleinern oder verschwinden. Der Verlust an Biodiversität wiederum verstärkt die Klimakrise, da die Natur wichtige Funktionen im Kohlenstoffkreislauf übernimmt, indem sie CO₂ aus der Atmosphäre aufnimmt und speichert.

Um Stadtnatur zu erhalten, ist eine ausgewogene Balance zwischen Erhaltung reifer Ökosysteme, Ergänzung verloren gegangener Schlüsselhabitate und Erneuerung entwerteter Strukturen essenziell.

Die Stadt Linz hat sich zum Ziel gesetzt, bis spätestens 2040 klimaneutral zu sein. Grundlage dafür ist die Klimastrategie, in der auch die Förderung der Biodiversität ein Schwerpunkt ist. Nicht nur durch die Stadt selbst werden seither wichtige Ökologisierungsinitiativen umgesetzt. Über den Linzer Klimafonds wurden zudem bereits verschiedenste Projekte zur Unterstützung der Artenvielfalt auf dem Weg gebracht.

Das Klimawandelanpassungskonzept „Zukunft Linz“ dient als grundlegende Leitlinie für die notwendige Klimawandelanpassung der Stadt Linz. Das Konzept legt – gemeinsam mit dem Klimaneutralitätskonzept – die zentrale Basis für die Klimaarbeit der Stadt Linz in den nächsten Jahren. Unmittelbar unterstützt es die Stadt darin, im eigenen Wirkungsbereich direkte Maßnahmen umzusetzen und die städtischen Ziele zur Anpassung zu erfüllen. Der Erhalt der Biodiversität ist eines von zehn strategischen Zielen des städtischen Klimawandelanpassungskonzepts. 

Neben dem Klimawandelanpassungskonzept wurde auch das erste Aktionsprogramm beschlossen. Es beinhaltet 30 konkrete Maßnahmen sowie die Zuständigkeiten für die Umsetzung in der städtischen Verwaltung bzw. der Unternehmensgruppe Linz, darunter auch Biotopkartierungen, die genaue Einblicke in die ökologische Struktur der Stadt Linz gibt. Im Ersten Schritt wird es dazu eine Kartierung der Wiesenflächen in städtischer Hand geben. 

Naturschutz findet „Stadt“

Konkrete Projekte zum Erhalt der Biodiversität setzten städtische Institutionen, insbesondere der Geschäftsbereich Stadtgrün und Straßenbetreuung in fachlicher Abstimmung mit der Abteilung Botanischer Garten und Naturkundliche Station.

Die Grundlagen für einen gezielten Artenschutz in Linz liefert die Naturkundliche Station, die seit 2005 mit dem Botanischen Garten vereinigt und dem Geschäftsbereich Stadtgrün und Straßenerhaltung angeschlossen ist. Zu ihren Aufgaben zählen Grundlagenforschung, wie etwa Biotopkartierungen und regelmäßige Bestandskontrollen sowie die Überwachung von Indikatororganismen wie Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere. Dadurch ist es möglich, Naturhaushaltsveränderungen rechtzeitig zu erkennen, um entsprechende Schutzmaßnahmen zu setzen. 

Seit 1979 gibt die Naturkundliche Station die Zeitschrift ÖKO.L heraus. Sie gilt als erste Adresse, wenn es um die Themen Ökologie, Natur- und Umweltschutz geht. In kurzweiliger und gut verständlicher Form veröffentlicht sie vierteljährlich interessante und aktuelle Artikel bekannter Wissenschaftler*innen und/oder Naturschütze*innen. Der Inhalt hat meist Regionalbezug und eröffnet somit eine spannende Sicht auf die „Natur vor der Haustür“.

„Mit dem stadtökologischen Umsetzungsprogramm setzen wir darüber hinaus im ganzen Stadtgebiet wesentliche Maßnahmen zur Förderung der Stadtnatur und aktivieren die Bevölkerung, uns dabei zu unterstützen. Jede*r kann einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt leisten“, bekräftigt Leiter Thomas Schiefecker.

Ziel ist es, die bisher getroffenen und erfolgreichen ökologischen Maßnahmen auf das gesamte Stadtgebiet auszudehnen. Weiters soll die niederschwellige Umsetzung von Kleintierhabitaten oder Gehölz- und Blühstrukturen dafür sorgen, die stadtökologischen Ziele in der Linzer Bevölkerung zu verankern.

Im Projekt werden stadteigene und andere ausgewählte Freiräume aus naturschutzfachlicher Sicht aufgewertet und neue Lebensräume für u.a. auch streng geschützte und seltene Arten, wie der Wechselkröte geschaffen.

„Im Zentrum stehen Maßnahmen zur Unterstützung verschiedener Tierarten. Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt in unserer Stadt. Die Integration von Aspekten der Klimawandelanpassung im Rahmen der Schaffung von naturnahen Grünräumen und Blühflächen fördert zudem insgesamt die Lebensqualität“, so Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger.


Artenvielfalt fördern ist eine der zentralen Aufgaben der Naturkundlichen Station.

Schwerpunkte für Artenschutz und Artenvielfalt

Zahlreiche konkrete Projekte der Naturkundlichen Station der Stadt Linz fördern den Erhalt der Artenvielfalt:

Amphibienschutz

Die Naturkundliche Station ist für die Unterstützung und Vernetzung relevanter Akteur*innen des Naturschutzes wichtig. Zum Beispiel wurde vom Naturschutzbund beim Klimafonds der Stadt ein Projekt zur Wechselkrötenkartierung und daraus abgeleitete Schutzmaßnahmen eingereicht, das in enger Zusammenarbeit mit der NaSt entstand.

Die Umsetzung ökologischer Maßnahmen zur Förderung der vielfältigen Lebensräume und der Biodiversität am Segelflugplatz Linz-Ost konnte im Herbst 2023 erfolgreich abgeschlossen werden. Das von der Naturkundlichen Station der Stadt Linz entworfene Konzept ist zudem beim „Grand Prix der Biodiversität“ als Gewinnerprojekt ausgezeichnet worden. Das Preisgeld wurde für die Umsetzung von Maßnahmen zur Lebensraumverbesserung verwendet. 

Der Segelflugplatz Linz mit einer Größe von etwa 30 Hektar ist im Industriegebiet die letzte grüne Oase und „Über-Lebensraum“ für unzählige Tier- und Pflanzenarten. Sein Mosaik an unterschiedlichen Lebensräumen wie Flurgehölze, magere Wiesenböschungen, blütenreiche Fettwiesen, Hochstaudenfluren und Gewässer macht diese Fläche für unzählige Organismen attraktiv und bietet ihnen oft die letzte Heimat im Stadtgebiet. Das Preisgeld wurde unter anderem zur Anlage eines neuen Amphibienteichs und zum Ankauf von Nistkästen für Brutvögel verwendet.

Gemeinsam mit den Fliegerclubs setzten Mitarbeiter*innen der Naturkundlichen Station Sträucher und montierten an geeigneten Stellen Fledermausbretter und Mauerseglernistkästen. Zusätzlich wurden Infotafeln zum Gebiet und seinen Bewohner*innen aufgestellt.

Seit Jahren betreut die Naturkundliche Station darüber hinaus die Krötenzäune „Am langen Zaun“ in Kleinmünchen sowie an der Mönchgrabenstraße. Diese Schutzzäune sollen den Straßentod der Erdkröten verhindern, die bei ihrer alljährlichen Wanderung in die Laichgewässer Gefahr laufen, unter die Räder zu kommen.


Amphibienschutzzaun, Foto: NaSt (Archiv)

Grundlagenforschung – artenreiches Linz

Seit knapp 30 Jahren arbeitet die Naturkundliche Station der Stadt Linz an einem breit gefächerten Grundlagenforschungsprogramm, das eine Vielzahl von Daten geliefert hat. Einige Schwerpunkte legte die NaSt im vergangenen Jahr fest und weitet diese 2024 / 2025 aus. 

Kartierung von Wiesenflächen in Linz (Biotopkartierung)

Es werden selektiv Flächen hinsichtlich ihres botanischen Inventars untersucht und zu treffende Maßnahmen beschrieben, um besonders wertvolle Biotope zu erhalten und zu fördern. Die letzte Biotopkartierung auf Stadtgebiet erfolgte 1988 / 1989 bzw. wurde 2000 auf dem Voest-Gelände kartiert. Weitere Kartierungsarbeiten sind 2024 und 2025 geplant und derzeit in Ausarbeitung.

Schmetterlingskartierung am Segelflugplatz

Die NaSt erhob die Bestände und Grundlagen zum Schutz tagaktiver Schmetterlinge im Bereich des Segelflugplatzes Linz. 33 verschiedene tagaktive Schmetterlingsarten konnten beobachtet werden, die neun verschiedenen Familien zuzuordnen sind. 25 Arten beziehungsweise Artkomplexe entfallen auf die Tagfalter, die übrigen gehören zur Gruppe der tagaktiven Nachfalter. Durch das Vorhandensein unterschiedlicher Biotope wie Wiesen, Hochstaudenfluren und Gehölze können sich am Gelände des Segelflugplatzes nicht nur die typischen Wiesenarten, sondern auch Arten, deren Raupen auf Gehölze spezialisiert sind, entwickeln.


Linz bietet Lebensraum für zahlreiche Schmetterlingsarten.

Internationale Wasservogelzählung in Kooperation mit BirdLife

Seit 1986 führt die Naturkundliche Station der Stadt Linz in Kooperation mit BirdLife die Wasservogelzählung an den Linzer Gewässern durch. Von September bis April 2023 wurden im Monatsmittel alle Vögel mit Wasserbezug an insgesamt 67 Zählstrecken kartiert.

Brutvogel-Monitoring

Das Brutvogel-Monitoring überwacht die Bestände häufiger österreichischer Brutvogelarten. Seit 1998 werden diese zweimal pro Frühjahr an festgelegten Zählpunkten in ganz Österreich gezählt. Die Naturkundliche Station beteiligt sich seit vielen Jahren ebenfalls an diesem großen Citizen-Science-Projekt, bei dem die Datenerhebung hauptsächlich durch Hobby-Ornithologen erfolgt. Aus den Zählergebnissen werden nach einer wissenschaftlich fundierten Methode Bestandstrends berechnet, die uns Auskunft über Zunahmen oder Abnahmen geben.

Programm – Tagung „Stadtlandschaft im Wandel“ im Wissensturm

Die um 14 Uhr startende Veranstaltung bietet allen Interessierten und/oder Aktiven in der praktischen Stadtökologie die Möglichkeit, sich zu vernetzen, Erfahrungen auszutauschen und die nächsten Schritte einer erfolgreichen Umsetzung von mehr Natur in der Stadt vorzubereiten. Die Teilnahme an der gemeinsam von Volkshochschule Linz, Botanischer Garten und Naturkundliche Station Linz sowie Bodenbündnis durchgeführten Veranstaltung ist kostenlos, eine Anmeldung ist erforderlich. Durch das Programm führt Rainer Rathmayr, BA, MA

Programm:

  • 14 Uhr: Begrüßung durch Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger
  • 14.15 Uhr: Keynote: Prof. Mag. Dr. Franz Essl, Universität Wien: Biodiversität – raus aus der Krise!
  • 15 Uhr. Dr. Josef Mikocki, Magistrat der Stadt Wien: Wiener Arten- und Lebensraumschutzprogramm Netzwerk Natur – ein Statusreport 
  • 15.50 Uhr: Workshops
    • Workshop 1: Thomas Schiefecker, MSc. & Mag.a Gudrun Fuß, Naturkundliche Station der Stadt Linz: Naturschutz findet „Stadt“ – Chancen und Herausforderungen am Beispiel von Linz
    • Workshop 2: Mag. Johannes Horak, PhD & Mag.a Stefanie Peßenteiner, Abteilung Stadtklimatologie und Umwelt der Stadt Linz: Klimawandelanpassung als Chance für die Biodiversität
    • Workshop 3: DIin Daniela Hofinger & Dipl.-Ing. Dr. Harald Kutzenberger, Team Stadtökologisches Umsetzungsprogramm: Konkrete Module für die Erhaltung der Natur in der Stadt

(Informationsunterlage zur Pressekonferenz mit Klimastadträtin Mag.a Eva Schobesberger zum Thema „Stadtlandschaft im Wandel“)

Weitere Gesprächspartner:
Prof. Dr. Franz Essl, Biodiversitätsforscher, Universität Wien
Thomas Schiefecker, MSc, Leiter Botanischer Garten und Naturkundliche Station Linz

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