Sensibilisierung gegen organisierte Bettelei in Linz Signifikanter Anstieg der verzeichneten Fälle in der Urfahraner Hauptstraße
- Städtisches Sicherheitsressort setzt bewusstseinsbildende Maßnahmen
Die organisierte Bettelei in Linz nimmt zu – das zeigen die aktuellen Zahlen des Ordnungsdienstes der Stadt Linz (OSL). Insbesondere die Hauptstraße in Urfahr hat sich zu einem Schwerpunktbereich entwickelt. Hier ist ein signifikanter Anstieg der Fälle zu verzeichnen, bei denen organisierte Gruppen versuchen, gezielt die Spendenbereitschaft der Linzer Bevölkerung auszunutzen. Die Problematik hat sich im vergangenen Jahr zunehmend verschärft, sodass nun verstärkt Maßnahmen zur Aufklärung und rechtlichen Handhabe geprüft werden.
Die aktuellen Zahlen des Ordnungsdienstes zeigen einen Anstieg der Fallzahlen im Bereich der organisierten Bettelei. Allein im Februar 2025 wurden 125 Fälle von Bettelei dokumentiert, was einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu den Vormonaten bedeutet. Während im Februar 2024 noch 46 Fälle von illegaler Bettelei erfasst wurden, waren es ein Jahr später bereits 73. Insgesamt wurden im Zeitraum von Februar 2024 bis Februar 2025 578 Fälle von illegaler Bettelei in Linz gemeldet. Besonders auffällig ist der rasante Anstieg der Fälle an der Hauptstraße in Urfahr, wo allein im Februar 35 Fälle verzeichnet wurden.
„Den Armen und Obdachlosen aus Linz soll weiterhin bestmöglich geholfen werden. Niemand in Linz ist zum Betteln gezwungen, es gibt ein breites Netz an Unterstützungen und Einrichtungen. Der Missbrauch durch organisiertes Betteln muss jedoch klar eingedämmt werden. Die aktuellen Entwicklungen – insbesondere im Bereich der Urfahraner Hauptstraße – zeigen deutlich, dass organisierte Bettelei nicht nur eine soziale, sondern auch eine sicherheitspolitische Herausforderung für unsere Stadt darstellt. Die Menschen in Linz müssen verstehen, dass jede Spende an Bettler dieses System weiter befeuert. Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass sich durch Banden organisiertes Betteln in unserer Stadt nicht mehr lohnt“, betont Sicherheitsstadtrat Dr. Michael Raml.
„Der Ordnungsdienst der Stadt Linz und der Erhebungsdienst haben in der Vergangenheit bereits verstärkt auf die zunehmende Problematik der organisierten Bettelei reagiert. Durch gezielte Kontrollen wurden Missstände aufgedeckt und dokumentiert. Unser Ziel ist es, der organisierten Bettlerbanden konsequent entgegenzuwirken und die Einhaltung der bestehenden Regelungen sicherzustellen. Die aktuelle Entwicklung zeigt jedoch, dass weiterhin Handlungsbedarf besteht, insbesondere in stark betroffenen Bereichen wie der Hauptstraße in Urfahr“, erklärt Helmut Haas, Leiter des städtischen Erhebungsdienstes und Geschäftsführer des Linzer Ordnungsdienstes.
Rechtliche Rahmenbedingungen und aktuelle Situation in Linz
Betteln als sichtbares Zeichen persönlicher Armut ist in vielen Fällen der einzige Weg, mit dem die Betroffenen für sich und ihre Familie zumindest das notwendigste Einkommen für die Bestreitung ihres Lebensunterhaltes erzielen können. Beim „stillen“ Betteln geschieht dies zurückhaltend. Ein Ansprechen, Berühren oder Aufhalten von Passantinnen und Passanten ist damit nicht verbunden. Diese Form des Bettelns ist in Oberösterreich erlaubt. Im Gegensatz dazu ist die Form des aggressiven oder aufdringlichen Bettelns illegal.
„Wo ,legales‘ Betteln erlaubt ist, werden auch verbotene Formen des Bettelns im Sinne des § 1a Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz (Oö PolStG) begünstigt und gefördert. So ist zu beobachten, dass sehr häufig ein fließender Übergang zwischen legalem und illegalem Betteln besteht und die Grenze zum aufdringlichen und aggressiven Betteln nicht immer eindeutig ist. Eine Handhabe ist nur gegeben, wenn die bettelnden Personen von Polizei, Ordnungsdienst oder städtischem Erhebungsdienst bei der Tat beobachtet werden“, führt Helmut Haas aus.
Der aktuell bestehende rechtliche Rahmen im Wirkungsbereich der Stadt Linz ermöglicht sektorale Bettelverbote, um Missstände zu unterbinden. Mit dem Beschluss des Linzer Gemeinderates vom 21. April 2016 wurde ein sektorales Bettelverbot in mehreren stark frequentierten Bereichen der Stadt erlassen. Dieses Verbot umfasst unter anderem den Hauptplatz, die Schmidtorstraße, den Taubenmarkt, die Promenade, die Herrenstraße, die Spittelwiese, die Landstraße bis zur Kreuzung Goethestraße, die Blumauerstraße ab der Kreuzung Goethestraße bis zum Musiktheater, den Bahnhofplatz, den Südbahnhofmarkt sowie das Urfahraner Marktgelände während Märkten und Veranstaltungen.
In den rot markierten Zonen gilt das sektorale Bettelverbot. Quelle: Stadt Linz
Fast ausschließlich aus Osteuropa stammende Menschen – vorwiegend junge Männer aus Rumänien und der Slowakei – kommen aktuell in Gruppen in die Stadt, um organisiert zu betteln.
„Unsere Zivilkontrollen zeigen immer wieder, dass viele der in Linz bettelnden Personen in streng hierarchisch organisierten Strukturen agieren. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine gemeinschaftlich organisierte Anreise, sondern um eine klar strukturierte Verteilung von Zuständigkeiten. Die Personen beginnen ihren ,Arbeitstag‘ meist ab 8 Uhr morgens und verteilen sich gezielt auf verschiedene Standorte. Wir konnten zudem mehrfach beobachten, dass sich Bettlergruppen nach ihrer Tätigkeit im Volksgarten treffen und dort ihre Einnahmen zusammenlegen“, beschreibt Haas die aktuelle Lage aus Sicht des Erhebungsdienstes.
„Die Existenz einer zentralen Steuerung ist erkennbar. Es gibt immer wieder Hinweise auf eine übergeordnete Instanz, die die Einsätze der Bettler koordiniert. Erschwerend kommt hinzu, dass innerhalb dieser Organisationen offenbar erheblicher Druck auf die Beteiligten ausgeübt wird. Einige der betroffenen Personen scheinen in einem Abhängigkeitsverhältnis zu stehen, das sich jedoch schwer nachweisen lässt. Die Realität zeigt, dass die Bettelei in diesen Fällen nicht aus einer individuellen Notlage heraus erfolgt, sondern gezielt und strukturiert betrieben wird“, führt Sicherheitsstadtrat Raml aus.
Bettelverbot zeigt Wirkung – Kontrollen werden konsequent fortgesetzt
Die bisherigen sektoralen Bettelverbote in Linz haben sich als wirksames Mittel erwiesen, um die organsierte Bettelei einzudämmen. Besonders in der Innenstadt konnte der Druck durch die gesetzten Maßnahmen entschärft werden. Die Einhaltung der bestehenden Verbote bleibt dabei weiterhin ein zentraler Bestandteil der Maßnahmen gegen organisierte Bettelei.
„Die bisherigen sektoralen Bettelverbote, etwa in der Landstraße, beim Bahnhof und in anderen stark frequentierten Bereichen, haben sich bewährt. Auch während der Weihnachtsmärkte konnten wir feststellen, dass die verstärkten Maßnahmen Wirkung zeigen. Um diesen positiven Trend fortzusetzen, müssen die Kontrollen weiterhin engmaschig erfolgen. Durch konsequentes und strategisches Vorgehen des Ordnungsdienstes wurde organisierte Bettelei in den Zonen nachweislich eingedämmt“, so Raml.
Organisierte Bettelei auf dem Vormarsch
Ein wesentliches Problem bleibe jedoch die Abgrenzung zwischen legalem und illegalem Betteln: Sobald sich Polizei oder Ordnungsdienst entfernen, komme es häufig zu erneuten Grenzüberschreitungen. Eine lückenlose Überwachung sei nicht möglich, was die Durchsetzung des Gesetzes erheblich erschwere. Insbesondere in Bereichen, in denen stilles Betteln weiterhin erlaubt ist, stellt dies eine große Herausforderung dar und erfordert einen enormen personellen Aufwand, um die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten.
Vor allem die Hauptstraße in Urfahr entwickelt sich zunehmend zu einem Hotspot. Allein im Februar 2025 dokumentierte der OSL insgesamt 125 Fälle von Bettelei in Linz. Auffällig ist der Vergleich zum Vorjahr: Im Februar 2024 waren es noch 46 Fälle illegaler Bettelei, ein Jahr später sind es bereits 73 – ein signifikanter Anstieg. Auch die Jahresstatistik unterstreicht die Entwicklung: Zwischen Februar 2024 und Februar 2025 wurden insgesamt 578 Fälle von illegaler Bettelei registriert. Besonders in der Hauptstraße in Urfahr ist dieser Trend auffällig, wo im Februar 2025 allein 35 Fälle von Bettelei dokumentiert wurden.
Die Zahl der Fälle im Bereich der Bettelei zeigt einen signifikanten Anstieg in der Gesamtstatistik an. Quelle: Ordnungsdienst der Stadt Linz
Geändert hat sich auch die Unterbringung von Bettlern. „Die frühere Praxis, in öffentlichen Bereichen zu zelten, konnte durch konsequente Maßnahmen unterbunden werden. Doch die Bettlergruppen haben sich darauf eingestellt und ihre Strategien angepasst. Vermehrt ist zu beobachten, dass einzelne Personen regulär eine Wohnung mieten, die dann jedoch von einer Vielzahl an Bettlern genutzt wird. Darüber hinaus werden zunehmend leerstehende Abbruchhäuser als Unterkunft verwendet. Auffällig ist, dass einige Hauseigentümer diese Praxis offenbar dulden, ohne aktiv dagegen vorzugehen. Besonders betroffen sind die Wiener Straße, die Kremplstraße sowie das Gebiet rund um die Hauptstraße in Urfahr“, gibt Helmut Haas, Leiter des städtischen Erhebungsdienstes, Auskunft.
Appell an die Supermarktbetreiber
Ein besonderes Problem stellt das Betteln vor Supermärkten dar. Organisierte Bettelgruppen nutzen diesen Umstand gezielt aus, um in den Eingangsbereichen von Supermärkten Passanten anzusprechen und um Geld zu bitten. Dabei handelt es sich in vielen Fällen um eine Form der organisierten Bettelei, die nicht aus echter Not heraus erfolgt, sondern von kriminellen Strukturen ausgenutzt wird. Besonders ältere Menschen und sozial engagierte Bürgerinnen und Bürger werden hierbei gezielt angesprochen und in ihrer Hilfsbereitschaft getäuscht.
Da es sich um Privatgrund handelt, kann der Ordnungsdienst hier nicht eingreifen. Sicherheitsstadtrat Raml hat aufgrund von Beschwerden aus der Bevölkerung einen Brief an die Supermarktketten gerichtet, in dem er an die Betreiberinnen und Betreiber appelliert, Maßnahmen zu ergreifen, um das Betteln auf ihren Flächen zu unterbinden.
„Dies schützt nicht die Kundinnen und Kunden vor Belästigungen, sondern trägt auch dazu bei, die Strukturen der organisierten Bettelei zu schwächen und Linz als Einkaufsstadt attraktiv und sicher zu halten. Solange sich Bettelei finanziell lohnt, wird die organisierte Bettelmafia aus dem Ausland weiterhin gezielt nach Linz kommen. Erst wenn die wirtschaftliche Grundlage entfällt und alle Betroffenen gemeinsam an einem Strang ziehen, wird dieser Zustrom abnehmen“, ist Raml überzeugt.
Bewusstseinsbildung und weitere rechtliche Maßnahmen
„Die bisherigen sektoralen Bettelverbote in der Innenstadt haben sich als wirkungsvolle Maßnahme erwiesen. Vor allem im Bereich der Landstraße erfüllt dieses ihre Funktion, auch deshalb, weil die gezielten und verstärkten Kontrollen des Ordnungsdienstes wirken. Die Kontrollen in der Innenstadt werden weiterhin engmaschig durchgeführt“, betont Sicherheitsstadtrat Raml.
Aufgrund der aktuellen Entwicklung wird der Sicherheitsstadtrat dem Gemeinderat eine Erweiterung der sektoralen Bettelverbotsverordnung auch auf das Gebiet an und rund um die Urfahraner Hauptstraße vorlegen: „Für die Hauptstraße und die umliegenden Straßen in Urfahr arbeiten Juristen des Magistrats aktuell an einer weiteren Verordnung für ein sektorales Bettelverbot. Die Zahlen des Ordnungsdienstes und begründete Beschwerden von Geschäftsleuten zeigen den Handlungsbedarf auf. Dazu holen wir aktuell auch eine Stellungnahme der Landespolizeidirektion ein. Ziel ist es, eine klare rechtliche Grundlage zu schaffen und die Situation in diesem Bereich maßgeblich zu verbessern“, so Raml.
Neben dem Kontakt mit den Supermarkt-Betreibern gelte es, die Bevölkerung für die Problematik zu sensibilisieren.
„Eine langfristige Lösung kann nur durch konsequentes Handeln und eine breite Unterstützung der Bevölkerung erzielt werden. Die Bürgerinnen und Bürger werden dazu aufgerufen, Bettelvorfälle aktiv über die Plattform ,Schau auf Linz‘ oder direkt beim Bürgerservice zu melden“, verweist der Sicherheitsstadtrat auf bestehende Möglichkeiten für die Linzer Bevölkerung, Beschwerden einzumelden.
(Informationsunterlage zum Pressegespräch mit Sicherheitsstadtrat Dr. Michael Raml zum Thema „Bewusstseinsbildende Maßnahmen gegen organisierte Bettelei in Linz“)
Weitere Gesprächspartner:
Helmut Haas, Abteilungsleiter Erhebungsdienst und Geschäftsführer des Linzer Ordnungsdienstes