Weg von der Zigarette hin zu einem gesünderen Leben Vom Linzer Gesundheitsindikator zu Prävention, Jugendschutz und eine selbstbestimmte Zukunft
Obwohl sich verschiedene Bundesregierungen seit dem Jahr 2011 in den so genannten „Gesundheitszielen Österreich“ zu einer Steigerung der gesunden Lebensjahre verpflichtet haben, sinkt diese Zeitspanne anstatt anzusteigen. Laut Statistik Austria betragen die gesunden Lebensjahre im Alter von 65 Jahren derzeit durchschnittlich 9,75 Jahre. Im Jahr 2014 betrug diese Zahl noch 11,35 Jahre. Die Österreicherinnen und Österreicher haben also signifikant an Altersgesundheit verloren.
Im Gesundheitsbereich arbeitet die Linzer Stadtregierung seit jeher mit einer möglichst großen Bandbreite an Daten- und Zahlenmaterial, um die vorhandenen Ressourcen effizient und zielgerichtet einsetzen zu können. Sowohl der von Gesundheitsökonomen und Statistikern erhobene Linzer Gesundheitsindikator als auch die jüngste Gesundheits- und Sportbefragung beschäftigt sich implizit mit Risikofaktoren im Feld der Krebsvorsorge und hier auch explizit mit dem Thema Rauchen.
Erfreulicherweise ist laut der aktuellen Gesundheitsbefragung, an der mehr als 2.000 Linzerinnen und Linzer teilgenommen haben, der Anteil der Raucherinnen und Raucher in Linz in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen: 16,4 Prozent der Befragten geben an, täglich zu rauchen, im Jahr 2012 waren das noch 24 Prozent. Ebenso erfreulich ist, dass 70 Prozent der Raucher angeben, gerne mit dem Rauchen aufhören zu wollen oder zumindest einschränken zu wollen.
„Ich möchte den Linzerinnen und Linzern möglichst viele gesunde Lebensjahre ermöglichen. Ich setze auch in meiner Arbeit als Gesundheitsstadtrat einen bewussten Fokus auf das Thema Prävention und Jugendschutz. In jungen Jahren ist häufig das Bewusstsein für die Bedeutung von Vorsorge und Prävention noch nicht so stark ausgeprägt. Gedanken an Alter, Gebrechen und Pflege sind hier gefühlt noch sehr weit weg. Jedoch entscheidet sich genau hier bereits vielfach, ob Menschen auch bis ins hohe Alter hinein ein gesundes und selbstbestimmtes Leben führen können“, führt Gesundheitsstadtrat Dr. Michael Raml aus.
„Rauchen ist für eine Vielzahl von tabakassoziierten Gesundheitsschäden verantwortlich und findet in unserer gesundheitsorientierten Gesellschaft immer weniger Akzeptanz. Langjährigen Raucherinnen und Rauchern fällt ein absoluter und abrupter Rauchstopp aber oftmals sehr schwer. Gleichzeitig wünscht sich mehr als die Hälfte der über 50-Jährigen aufzuhören bzw. den Zigarettenkonsum zu reduzieren“, betont auch Univ.-Doz. Dr. med. Ernest Groman, wissenschaftlicher Leiter des Nikotin Instituts
Selbstbestimmten Weg zur Raucherentwöhnung begleiten
Im Rahmen der jüngsten Präsentation der städtischen Gesundheitsbefragung hat Gesundheitsstadtrat Dr. Michael Raml bereits angekündigt, diese erfreuliche Entwicklung weiter zu unterstützen. Dank Beratungen mit Expertinnen und Experten wurden verschiedene Möglichkeiten eruiert, wie Raucherinnen und Raucher auf einem selbstbestimmten Weg zur Raucherentwöhnung besser begleitet werden können:
Ein in Österreich beliebter Weg, den Zigarettenkonsum zu begrenzen, ist die Anhebung der Tabaksteuer. „Ich sehe diese Maßnahme kritisch. Österreich ist ein kleines Binnenland mit zahlreichen Nachbarstaaten, vor allem Richtung Osteuropa. Bereits jetzt werden laut Angaben von Bundesbehörden jährlich illegale Zigarettenmengen im Millionenbereich konfisziert – KPMG-Studien gehen davon aus, dass 20 Prozent aller in Öster-reich gerauchten Zigaretten nicht versteuert werden. Wenn wir nun ein Suchtprodukt wie die Zigarette stark verteuern, müssen wir also davon ausgehen, dass die Zigaretten trotzdem weiterhin den Raucher erreichen und wir dadurch primär den Zigarettenschmuggel subventionieren“, sagt der Gesundheitsstadtrat.
„Ein totalitäres Modell wie in Neuseeland, in dem die Regierung es bestimmten Geburtsjahrgängen gänzlich untersagt, jemals Zigaretten käuflich zu erwerben, lehne ich als freiheitsliebender Mensch und als Jurist ebenso ab. Zum einen, weil diese willkürliche Grenzziehung gegen Gleichbehandlungsverbote verstößt und zum anderen, weil sich Prohibition in der Geschichte noch nie als Erfolgsmodell erwiesen hat. Man denke dabei etwa an die gescheiterte US-amerikanische Zeit der Alkoholprohibition und die darin aufblühenden Verbrechersyndikate“, so Raml weiter.
Der von Expertinnen und Experten gemeinsam mit dem Gesundheitsstadtrat favorisierte Ansatz sei eine Substitutionskette hin zu einem suchtfreien Leben, die unterschiedliche Stufen der Raucherentwöhnung aufweist:
- Ein striktes Rauchverbot bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahre.
- „Ich halte es für einen ganz wichtigen Schritt, dass vor wenigen Jahren das gesetzliche Mindestalter für das Rauchen auf 18 Jahre angehoben und damit Prävention und Jugendschutz gestärkt wurde“, betont Raml.
- Umfassende Aufklärungsarbeit zu den Risiken des Tabakkonsums
„Erwachsenen Menschen kann, darf und soll der Staat aber nicht bis ins kleinste Eck ihres Privatlebens hinein Vorschriften und Verbote auferlegen. Ich spreche mich deshalb vorbehaltlos für eine umfassende Aufklärungsarbeit zu den Risiken des Tabakkonsums aus, damit mündige Erwachsene eine möglichst informierte Entscheidung treffen können“, ist der Gesundheitsstadtrat überzeugt. - Schaffung von Möglichkeiten, um über potenziell risikoärmere Entwöhnungs- und Ersatzprodukte zu informieren.
„Ich sehe auch kleine Schritte weg von der Zigarette als Schritte in die richtige Richtung. Wenn es uns gelingt, dass Raucher nicht mehr zu Teer, Metallen und Dutzenden anderen krebserregenden Stoffen greifen, die alle in einer Zigarette enthalten sind, dann ist das ein solch wichtiger Schritt. Natürlich hat die Aufklärung und Information über solche Produkte immer auch einen gewissen Werbecharakter. Umso mehr müssen wir als Politik sicherstellen, dass insbesondere Kinder und Jugendliche nicht mit diesen Produkten in Kontakt kommen und auch die Trafiken keine Schlupflöcher bieten. Der Jugendschutz muss bei allen Nikotinprodukten streng geregelt werden, ich trete als Gesundheitsstadtrat für ein absolutes Verkaufsverbot an Jugendliche unter 18 Jahren ein“, führt Gesundheitsstadtrat Dr. Michael Raml weiter aus.
Rauchstopp: Alternative Nikotin-Produkte erhöhen die Erfolgschancen
Rauchen ist für eine Vielzahl von tabakassoziierten Gesundheitsschäden verantwortlich und findet in unserer gesundheitsorientierten Gesellschaft immer weniger Akzeptanz. Langjährigen Raucherinnen und Rauchern fällt ein absoluter und abrupter Rauchstopp aber oftmals sehr schwer. Gleichzeitig wünscht sich mehr als die Hälfte der über 50-Jährigen aufzuhören bzw. den Zigarettenkonsum zu reduzieren.
Univ.-Doz. Dr. med. Ernest Groman, wissenschaftlicher Leiter des Nikotin Instituts, kennt das Problem aus seiner umfangreichen Praxiserfahrung bei der Betreuung von Aufhörwilligen seit über 20 Jahren. An den Programmen und Informationskampagnen des Nikotin Instituts haben bisher mehr als 50.000 Menschen teilgenommen. Der Autor des Buches „Rauchfrei in 5 Wochen“ ist Befürworter des Prinzips der „Tobacco-Harm-Reduction“ und sieht in dem immer größer werdenden Angebot an alternativen Nikotinzuliefersystemen eine vielversprechende Möglichkeit, langjährige Raucherinnen und Raucher auf dem Weg zum Wenig- oder Nichtrauchen erfolgreich zu unterstützen.
„Raucherinnen und Raucher berichten uns, dass Hilfsmittel wie zum Beispiel E-Zigaretten, Tabakerhitzer und tabakfreie Nikotinbeutel helfen, die Zahl der gerauchten Zigaretten zu reduzieren, mit Situationen zurecht zu kommen, in denen nicht geraucht werden darf, sowie in weiterer Folge oft zum kompletten Verzicht auf die klassische Tabakzigarette führen“, informiert Groman.
„Ich bin froh, mit Herrn Professor Groman einen echten Experten im Bereich der Entwöhnungs- und Substitutionsprozesse an meiner Seite zu haben. Grundsätzlich möchte ich noch einmal mein volles Bekenntnis zu einem suchtfreien Leben für einen möglichst großen Bevölkerungsanteil unterstreichen. Es wird uns nicht gelingen, Sucht von heute auf morgen komplett aus der Gesellschaft zu verbannen. Ich halte es daher für am erfolgversprechendsten, wenn wir uns schrittweise Ziele setzen, die wir mit Offenheit für neue Ideen, mit Hausverstand und mit einem ergebnisorientierten Pragmatismus erreichen können“, bekräftigt Gesundheitsstadtrat Dr. Michael Raml.
Wichtig seien für den Experten auch die Motivation und die Bestärkung der umstiegswilligen Menschen. Voraussetzung dafür sei aber, dass für alternative Produkte wie tabakfreie Nikotinbeutel, aber auch E-Zigaretten und Tabakerhitzer Standardisierungen und gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ermöglichen, ihr gesundheitspolitisches Potenzial vollständig auszuschöpfen. Es gilt, Konsumentinnen und Konsumenten über ihre gesundheitlichen Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Zigaretten informieren zu dürfen.
Statt einer rigorosen Verbotspolitik schlägt Groman die Durchführung von weitreichenden Kampagnen mit einer möglichst zielgerichteten Aufklärung über die Gefahren des Rauchens von Tabakzigaretten sowie der gleichzeitigen Information über die gesundheitlichen Vorteile von Ersatzprodukten mit den damit verbundenen Maßnahmenempfehlungen vor:
- Schaffung von Anreizen zum Umstieg auf alternative Produkte – hier ist ein barrierefreier Zugang wichtig
- Harm-Reduction-Ansatz führt am ehesten zum Erfolg: zurzeit stehen Tabakerhit-zer, E-Zigaretten, Niktotinpouches sowie die klassischen Nikotinersatzprodukte zur Verfügung
Der Experte empfiehlt dabei folgende notwendige Voraussetzungen:
- Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen für tabakfreie Nikotinbeutel
- Verkaufsverbot an Jugendliche unter 18 Jahren
- Aufklärungs- und Informationskampagnen statt „Informationssperre“ für alternative Produkte
- Vorbild muss Schweden sein, das die geringste Raucherquote in Europa hat
Diesen Empfehlungen kann auch Gesundheitsstadtrat Dr. Michael Raml etwas abgewinnen: „Idealerweise schafft es ein Raucher, unter gänzlichem Verzicht auf Ersatzprodukte, mit dem Rauchen aufzuhören. Dies gelingt aber oftmals schlicht nicht. Wir müssen daher in den anderen Fällen die gesamte Substitutionskette nützen, um das Problem Nikotinsucht ausschleichen zu lassen. Dazu gehören in dieser Reihenfolge: Tabakerhitzer, Nikotin-Pouches, das Nikotinpflaster und dann ein vollständiger Verzicht auf Nikotin. Wenn wir gleichzeitig Aufklärung und strengen Jugendschutz bei der Abgabe von Nikotinprodukten ernst nehmen, ist das der Weg in eine gesündere, selbstbestimmte Zukunft.“
„Mein Appell an die Verantwortlichen ist erstens ein besserer Jugendschutz durch eine Regulierung für Nikotinprodukte, die nicht erhitzt werden durch eine entsprechende Verankerung im Oö. Jugendschutzgesetz. Zweitens bin ich dafür, dass Österreich aufhört bei der Zulassung von Substitutionsprodukten ein Gold Plating zu betreiben, das in der EU einzigartig ist und verhindert, dass Menschen von der Zigarette loskommen. Der Zugang muss niederschwellig und staatlich reglementiert bleiben, also im staatlichen Tabakmonopol und der Apotheke“, so Raml weiter
„Ich bin für den sinnvollen Einsatz von Nikotinprodukten, die von der Zigarette wegführen. Das würde jeden Tag Menschenleben retten. Der EU-Cancerplan sieht vor, dass die Raucherquote bis 2040 auf unter 5 Prozent sinken soll, aktuell stehen wir bei etwa 25 Prozent. Nur Schweden hat jetzt schon unter 5 Prozent, eben weil Schweden eine Tradition von Zigarettenersatzprodukten hat. Wir dürfen uns den Möglichkeiten, die es gibt nicht verschließen, wenn wir ernsthaft an der Erreichung dieses Ziels arbeiten wollen. Dazu sind aber alle sinnvollen Mittel zu ergreifen, die es gibt“, schließt Gesundheitsreferent Dr. Michael Raml.
(Informationsunterlage zur Pressekonferenz mit Gesundheitsstadtrat Dr. Michael Raml zum Thema „Weg von der Zigarette hin zu einem gesünderen Leben“)
Weiterer Gesprächspartner:
Univ.-Doz. Dr. Ernest Groman, wissenschaftlicher Leiter des Nikotin Instituts